Re: Podgorica nach Istanbul mit Prolog

von: Keine Ahnung

Re: Podgorica nach Istanbul mit Prolog - 06.11.17 14:12

INHALTSVERZEICHNIS

Teil 1: Vorwort(e) - Forumstreffen Erfurt - von Erfurt nach Berlin

Teil 2: Haupttour (Tag 1-5: Montenegro mit Durmitor Nationalpark, durch Serbien zur Donau)

Teil 3: Haupttour (Tag 6-9: Donau in Serbien, Rumänien mit Transalpina nach Transsilvanien)

Teil 4: Haupttour (Tag 10-15: Rumänien mit Transfagarasan, Bulgarien mit Schwarzmeerküste, Türkei)

Teil 5: Haupttour (Tag 16-20: Türkei mit dem Tourenziel Istanbul)


DER ZEHNTE TAG (13.06. – 116 KM / 2.030 M)

Bereits in Sibiu und nun auch in Cârta fragte ich nach, ob der Transfagarasan befahrbar sei. In Sibiu äußerte man sich skeptisch, in meiner Pension wusste man aber, dass zwar Autos offiziell nicht über den Pass kämen, dass aber oben schon fest geräumt würde. Zur Not könnte ich den Tunnel oben ja auch durch die kleine Fußgängertür durchqueren, wenn das Tor noch geschlossen sein sollte. Also fuhr ich hoffnungsvoll immer bergan.


Bild: Zisterzienserkloster Kerz in Cârta, deutsch Kerz.







Der Anstieg war weniger anstrengend als der am Transalpina, da die Steigungen meist relativ gemäßigt waren. Überholt wurde ich von einer Gruppe von Motorradfahrern aus Polen, die ich dann an einem Rastplatz nochmals kurz traf. Da die mir nicht mehr entgegenkamen, wuchs meine Zuversicht, dass der Pass überwunden werden könne. Das änderte sich auch nicht, nachdem ich etliche Schilder gesehen hatte, die darauf hinwiesen, dass der Pass noch nicht geöffnet sei. Schon ziemlich weit oben überholten mich zwei MTB-Fahrer aus Österreich, die allerdings nicht über den Pass fahren wollten, sondern vorhatten, am höchsten Punkt umzukehren und wieder zurück zu fahren. Die kamen mir allerdings auch nicht mehr entgegen verwirrt








Bild: Einer der beiden Österreicher, die mich überholt haben ...


Bild: Es ist Mitte Juni und das ist noch nicht die Passhöhe des Transfagarasan …

Schließlich kam ich am Bâlea-Tunnel an, der auf ca. 2050 m den ca. 2400 m hohen Paltinu unterquerte. Das Tor stand offen und auf der anderen Seite waren Schneeräumfahrzeuge dabei, die zweite Straßenhälfte von Schnee zu befreien. An Schneewänden von sicher 5 Meter Höhe vorbei konnte ich nun den Weg nach unten antreten.


Bild: Das Tor ist offen – in dem Tor wäre aber auch eine Tür, durch die Fahrräder passieren könnten …









Auf etwa 900 Meter wurde der Stausee Lacul Vidraru umfahren. Eine schöne Strecke mit Blick auf den See, auf der aber auch etliche Gegenanstiege warteten. Schließlich fuhr ich weiter ab bis nach Corbeni, wo ich wieder in einer Pension (Colt de Munte) übernachtete. Angesichts der Kosten für die Unterkünfte, die meist um die 10 Euro lagen, hatte ich gar nicht mehr nach Zeltplätzen gesucht. Da es nachts auch recht kühl wurde, wollte ich nicht eine weitere Unterkühlung riskieren. Ich merkte nämlich, dass trotz entsprechender Bekleidung, die erneute Abfahrt bei nasskaltem Wetter meinen Blasenproblemen nicht zuträglich war. Ich konnte das zwar angesichts der tollen Passüberquerung ausblenden, musste mich aber nun doch der Realität stellen …








Bild: Der Herr dürfte auch bekannt sein – die spitzen Zähne sind gut verborgen …



DER ELFTE TAG (14.06. – 62 KM / 230 M + ZUGFAHRT)

So schlimm, dass ich die Tour abbrechen hätte wollen, waren die Beschwerden nicht, aber ich überlegte mir dennoch, wie ich den Rest der Tour retten konnte. Die Transfogarascher Hochstraße hatte ich nun überwunden, somit war ein ganz wichtiger Teil meiner Tour schon einmal bewältigt. Es sollte nun die Umfahrung Bukarests und dann das Stück durch Bulgarien zum Schwarzen Meer folgen. Da ich noch nie am Schwarzen Meer war und schon bei der Planung das Stück an Bukarest vorbei und die Strecke bis kurz vor dem Schwarzen Meer eher als notwendige Zwischenstrecke erschienen waren, entschloss ich mich, Teile der Strecke mit dem Zug zu überbrücken. Die ca. 60 km bis Pitesti machten mir die Entscheidung leicht. Der Weg war landschaftlich nicht attraktiv und der Autoverkehr wirklich lästig. Verglichen mit der ländlichen Idylle der Vortage, war dieser Teil deutlich weniger attraktiv. Dennoch ein paar Bilder …




Bild: In Curtea de Arges.



So stieg ich in Petesti in den Zug und fuhr nach Bukarest, von wo ich am nächsten Morgen nach Varna weiterfahren wollte. Das, was ich von Bukarest zu sehen bekam, bestätigte meinen Entschluss diese Großstadt umfahren zu wollen. Ich gönnte mir etwas Ruhe und hoffte, dass mein Plan aufging und ich dann den Rest nach Istanbul bewältigen konnte. Die Überbrückung der Teilstrecke mit dem Zug ermöglichte mir auch, die letzte Strecke in – für meine Verhältnisse – kurzen Etappen zu fahren.


Bild: Am Nordbahnhof in Bukarest …


Bild: Der Charme der Großstadt …



DER ZWÖLFTE TAG (15.06. – ZUGFAHRT)

Ich sollte vielleicht erwähnen, dass weder bei der Zugfahrt nach Bukarest noch bei der am heutigen Tag nach Varna (oder Warna) der Luxus eines Fahrradstellplatzes vorhanden war. Das Fahrrad wurde im Einstiegsbereich zum Teil vor die Türen gestellt, so dass ich bei jeder Haltestelle das Fahrrad hin- und herschieben musste, um Ein- und Ausstieg zu ermöglichen. Mir war das egal – Hauptsache, ich konnte das Fahrrad transportieren.



Obwohl ich schon um 12 Uhr in Bukarest mit dem Zug losfuhr, kam ich erst um 21:30 Uhr in Varnas an. Natürlich beobachtete ich aus dem Zug aufmerksam die Landschaft, die ich zum Teil mit dem Fahrrad durchfahren wäre. Es tröstete mich ungemein, dass ich bis kurz von der Küste nur eine recht eintönige und eher flache Gegend vorfand.






Bild: Der Grenzübergang zu Bulgarien. Hier hat die Donau auch an Attraktivität verloren.


Bild: Am Bahnhof in Russe (Bulgarien).


Bild: Russe war auch die erste Endstation des Orientexpress – die Beschilderung ist aus dieser Zeit …


Bild: Auch in Bulgarien bleibt es zunächst eher eben …


Bild: Erst am Abend, als sich der Zug der Küste nähert, werden erste Hügel sichtbar …



Dass die Strecke ans Schwarze Meer nicht so spannend erschien, tröstete mich doch sehr. Ich würde rückblickend vielleicht dieses Stück auch ohne Erkrankung eher mit dem Zug überbrücken wollen.



DER DREIZEHNTE TAG (16.06. – 50 KM / 350 M + ZUGFAHRT)

Da ich in der Nacht recht häufig die Toilette aufsuchen musste, entschloss ich mich, das Stück nach Burgas, wohin meine Radtour mich nach der Überquerung der Donau bei Russe (wo ich auch mit dem Zug die Grenze zu Bulgarien überquert hatte) führen sollte, auch noch mit dem Zug zurückzulegen. Ich dachte schon daran in Burgas evtl. einen Arzt aufzusuchen. Am Vormittag besichtigte ich noch Varna (natürlich per Rad), welches nicht zwingend einen Besuch wert ist.


Bild: Die Römer waren natürlich auch in Varna …


Bild: Open-Air-Marinemuseum …




Bild: Der Grund, warum es Touristen ans Schwarze Meer lockt – für mich nicht reizvoll – aber die Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden …


Bild: Maritimes Kontrastprogramm zu den vorhergegangenen Tagen …


Bild: Orthodoxe Kathedrale Varna.


Bild: Der Bahnhof in Varna.

In Burgas angekommen, fühlte ich mich besser und ich beschloss, nach einer kleinen Rundtour durch Burgas, welches ich attraktiver empfand als Varna, mit dem Fahrrad weiter zu fahren. Es liegt sicher auch daran, dass ich mit Stränden nichts anzufangen weiß, dass ich jetzt nicht das Gefühl hatte, dass Varna oder Burgas oder auch die Strände dort eine weite Reise wert waren.


Bild: Zumindest war das Wasser warm und klar …






Bild: "Fundamentalpunkt" Burgas mit Koordinaten.

Aus Burgas heraus führte eine viel befahrene, autobahnähnliche Straße. Glücklich stellte ich fest, dass linksseitig ein abgetrennter Radweg verlief, den ich dankbar nutzte. Dieser Radweg führte bis zu einer Naturschutzstation und … nicht weiter.




Bild: Endpunkt des Fahrradwegs …

Nun befand ich mich auf der linken Seite einer vierspurigen Autobahn mit hohen Leitplanken in der Mitte, die ich schon alleine wegen des Verkehrs nicht überqueren konnte. Meine Karte zeigte mir, dass ich etwa 150 bis 200 Meter entlang der Autobahn entgegen der Fahrtrichtung in die Nähe einer kleinen Parallelstraße kommen sollte. Einen Seitenstreifen gab es nicht, so schob ich das Fahrrad durch das Gras neben der Fahrbahn, während direkt an mir die Autos und Lastwagen vorbeibrausten. Tatsächlich konnte ich aber schließlich die kleine Straße erreichen, die mich weg von der Hauptverkehrsstraße zurück auf meinen ursprünglichen Track brachte.


Bild: Wieder ein Radweg – diesmal aber nicht mit abruptem Ende …



Am Schwarzen Meer wollte ich nun nicht wieder in eine Pension gehen und Campingplätze gab es ausreichend. So konnte ich diese Nacht wieder im Zelt direkt am Meer verbringen. So wenig habe ich das Zelt bislang noch nie benutzt, wie auf dieser Radreise…







DER VIERZEHNTE TAG (17.06. – 103 KM / 2.050 M)

Eigentlich wollte ich von nun an bei meinen Tagesetappen unter 100 km bleiben, aber das klappte nicht auf Anhieb. Und Hügel hatte ich heute auch noch zur Genüge. Zunächst ging es an der Küste entlang.




Bild: Frühstückspause in den Dünen an der Schwarzmeerküste.


Bild: Am Ropotamo Fluss …


Bild: Die Kette hatte sich gelängt – mit richtigem Werkzeug lässt sich das verschiebbare Ausfallende bequemer lösen und festschrauben. Und auch hier waren die Leute wieder sehr freundlich und hilfsbereit …

Die Region hat sich auf Tourismus eingestellt, was man an vielen Stellen bemerken konnte. Der Unterschied zum nicht so touristischen Bulgarien wurde deutlich, als es dann weg von der Küste über die Anhöhen in Richtung Türkei ging. Landschaftlich schön, aber auf ziemlich holpriger Strecke entfernte ich mich vom Meer.


Bild: Nicht jedes Tourismusnobjekt wird fertiggestellt (bei Zarewo) …


Bild: Ist denn Bulgarien von Europa getrennt – und liegt Bulgarien wirklich jenseits des Schwarzen Meeres? verwirrt


Bild: Zwischen Izgrev und Balgari – die Herren kenne ich nicht …




Bild: Ideal für eine Mittagspause …


Bild: Eine schöne Strecke ohne Verkehr …


Bild: Die Pflanzen am Wegesrand waren zum Teil deutlich über zwei Meter hoch …



Am Ende fing es an zu regnen, zum Glück bei recht angenehmer Temperatur. In Malko Turnovo nutzte ich wieder einmal "Booking.com", um das "Likor Apartment" für mich zu buchen. Mein Navigationssystem führte mich zu einem ziemlich elenden Wohnblock, in dem keiner der Anwohner dieses Apartment kannte.



Eine junge Frau rief für mich die Telefonnummer an, die auf der Buchungsseite angegeben war. Tatsächlich kam dann ein Mann, der offensichtlich die Wohnung seiner verstorbenen Eltern im obersten Stockwerk vermietete. Luxus geht anders, aber das störte mich nicht. Die Wohnung war sauber und – es gab eine Waschmaschine, die ich dann auch nutzte, um mit Spüli, welches ich in der Küche fand, meine Wäsche wieder auf den Ausgangszustand zurücksetzte. Der Campingplatz am Schwarzen Meer hatte doppelt so viel gekostet, wie dieses Apartment …


Bild: Was will man mehr …



DER FÜNFZEHNTE TAG (18.06. – 94 KM / 1.490 M)

Am nächsten Tag hatte sich der Regen des Vortags verzogen und nach kräftigen Anstiegen ging es schließlich zur türkischen Grenze. Ein paar türkische Motorradfahrer dolmetschen für mich und halfen mir, die Fragen der Grenzbeamten zu beantworten, die nur türkisch sprachen.






Bild: Für mich war es ein wenig weiter …

In der Türkei fuhr ich auf kleinen, teilweise etwas holprigen Sträßchen durch schöne Natur. Ich freute mich, dass ich an der Grenze und danach nur Positives erleben konnte und die bunten Blumen überall ließen mich auch die zum Glück weiter abklingenden Blasenbeschwerden vergessen.






Bild: Eine typische Ortsdurchfahrt (hier Armağan).


Bild: Diese Wasserstellen sieht man überall …


Bild: Gerade Strecke, kein Verkehr – dennoch Autowracks!?


Bild: Interessante Gesteinsformationen am Wegrand …




Bild: In Vize - nicht Erdogan …

Erst in Vize gab es Banken mit Geldautomaten, so dass ich mich mit Bargeld versorgen konnte. Als ich vor einer Gastwirtschaft anhielt, um auf meinem Mobiltelefon nach Übernachtungsmöglichkeiten Ausschau zu halten, wurde ich durch das offene Fenster von ein paar Männern angesprochen, die dort zusammen Karten spielten. Ich sollte doch zu ihnen kommen und ihnen erzählen, woher ich käme. Ich folgte der Einladung und wurde gleich zu einer Cola eingeladen. Es stellte sich heraus, dass die vier Türken selber leidenschaftlich Rennrad fuhren und etliche Touren in der Umgebung gemeinsam fuhren. Einer rief für mich bei einem nahegelegenen Hotel an und handelte einen sehr günstigen Übernachtungspreis aus. Das "Trak Otel", zu dem mich die ganze Gruppe gemeinsam begleitete, lag direkt gegenüber einer Moschee. Die laut vernehmbaren Adhāns (Muezzinrufe) erinnerten mich dann auch daran, dass ich in der Türkei war. An der Decke des Hotelzimmers wurde mit einem Pfeil auch die Gebetsrichtung angezeigt.


Bild: Blick von meinem Hotel … und nicht zu überhören …


Bild: Zur Orientierung – dort liegt Mekka …

Nachdem ich geduscht hatte, ging ich zu Fuß los, um ein Restaurant zu suchen, welches ich mir wieder im Internet ausgesucht hatte. Als ich hineinging, saßen da wieder ein paar türkische Männer an einem Tisch – es waren die Radfahrer aus dem Wirtshaus. Die Welt ist wirklich klein. Sie ließen es sich nicht nehmen und luden mich zum Abendessen ein. Danach nahmen sie mich im Auto auf eine Stadtbesichtigung mit, bei der ich auch die dortige Hagia Sophia besichtigen konnte, deren christlichen Gemälde erst in den 70er Jahren übermalt worden waren. Interessant ist, dass von Vize aus eine Wasserleitung Konstantinopel (Istanbul) mit Wasser versorgte.


Bild: Meine türkischen Radfahrbekannten …


Bild: Die Hagia Sophia in Vize.


Bild: Die historischen Christi- und Mariengemälde wurden in dieser Hagia Sophia vor ca. 40 Jahren übermalt …


Bild: Die Burg Vize – am Englisch (s. unten) müsste noch etwa gefeilt werden ...






Teil 5 - also der letzte Teil - demnächst - oder besser sofort. Die Teile habe ich gestern schon in einer Textdatei fertiggestellt …