Re: Island - Nur die Ringstraße herum

von: benki

Re: Island - Nur die Ringstraße herum - 14.07.16 18:06

Danke! Wenn es gefällt, dann mache ich einfach mal weiter zwinker

Der Gletscher Vatnajökull

Von Höfn nach Skaftafell



Heute weckt mich der Wecker um 5:00 Uhr und es tut nicht mal weh. lach Gestern Abend habe ich für mich dafür entschieden, dass mein Ziel der Jökulsarlon sein wird. Also da, wo die Eisberge schwimmen. An welchen Ort ich dann letztendlich mein Zelt aufschlage, entscheide ich an dem See.
Um diese Zeit ist noch keiner auf dem Campingplatz wach. Ich habe also alles für mich alleine. Kein anstehen im Waschraum/Toiletten. Ich bereite mein Frühstück, einschließlich einem großem Kaffee in der gemütlichen Gemeinschaftsküche zu.
Ich bin doch nicht alleine, eine Amerikanerin fährt mit dem Auto vor. Erst dachte ich, sie gehört zum Personal des Campingplatzes. Sie erklärt mir, dass sie an einer Gletscherwanderung teilgenommen hat. Leider war die Sicht nicht so gut. Ich biete ihr Kaffee an, den sie um diese Zeit nicht abschlägt.
Nach einem ordentlichen Frühstück starte ich. Meine Vorräte habe ich gestern aufgefüllt. Denn die nächsten 130 km gibt es nichts zum Einkaufen.





Wie am Tag zuvor, gehört mir die schmale Straße ganz alleine. In der Ferne sehe ich die Gletscher des Vatnajökull.

Fakten zum Vatnajökull:
Das Gletschergebiet Vatnajökull hat eine Größe von 8300 km² und ist das größte zusammenhängende Gletscherfeld der Welt, wenn man das Inlandeis Grönlands und die Polkappen außer Acht lässt.
Der größte zusammenhängende Gletscher der Alpen ist knapp 120 km² groß und alle Gletscher der Alpen bringen es auf 3800 km². Das mal zum Größenvergleich.
Die Eisdecke des Vatnajökull soll bis zu 1000 m stark sein. Zum Vatnajökull gehören viele Berge, die teileweise im Eispanzer sind. Dazu gehört auch der höchste Berg Islands, der Hvannadalshnukur mit 2110 m.
Seit 150 Jahren zieht sich der Gletscher wegen der Erderwärmung zurück. Das der Gletscher immer noch so groß ist, verdankt er der Wetterscheide zwischen Nord- und Südisland. Im Süden sind die Niederschläge höher (bis zu 8000 mm/Jahr), als im wüstenhaften Norden (nur 400 mm/Jahr). Die enormen Niederschläge, die oberhalb von 1100 m auf die Eismassen niedergehen, sind der Grund, dass der Gletscher in seiner gewaltigen Form überhaupt noch existiert.
Unter dem Gletscher befinden sich Vulkane. Feuer und Eis sozusagen. Ein Vulkanausbruch bringt in kürzester Zeit gewaltige Eismassen zum Schmelzen und führt zu enormen Gletscherläufen. Welche verheerenden Folgen es hat, werde ich noch im Verlauf meiner Reise sehen.

Genug mit Fakten. Ich genieße jetzt den Blick zum Gletscher. Heute ohne starken Regen und ohne Vulkanausbruch zwinker Etwas bedeckt ist es, aber man kann die Gletscherzungen erkennen.





Ich überquere Gletscherflüsse und auch die ersten Sander, die durch Vulkanausbrüche entstehen, wenn Wasser, Eis und Geröll zum Meer fließen und alles mitschleifen.
Immer wieder sind rechts die Gletscherzungen zu sehen die irgendwann einmal bis zum Meer reichten.







Ich beobachte Vögel (Schwalben???) die ihr Brutgebiet gegen jeden Eindringling tapfer verteidigen. Selbst eine Schafherde verjagen sie ganz alleine.
Ich mache eine Pause im Guesthouse in Holmur. Hier esse ich eine Suppe und genieße einen Kaffee. Die Leute hier sind unheimlich nett. Übrigens, wenn man Kaffee bestellt und diesen auch bezahlt ( 400 ISK – ca.2-3 €), kann man nach Belieben auffüllen. Ist also ein echtes Schnäppchen in Island zwinker

Unterwegs mache ich noch einen kleinen Sprint. Mich überholt ein Radfahrer mit Rennrad. Aber schon an der nächsten Steigung bemerke ich, dass dieser sportliche Mann Probleme mit der Schaltung hat. Ich hole ihn schnell ein und grüße freundlich. Er fällt fast vom Rad, als er mich wieder neben sich sieht, aber er grüßt freundlich zurück. Ein paar Kilometer fahren wir zusammen. Ich erfahre, dass er mit Freunden im Wohnmobil unterwegs ist. Er lässt sich hin und wieder absetzen und radelt einige Kilometer bis zum nächsten vereinbarten Rastplatz. So kann er sich bewegen und Kalorien abstrampeln. Schöne Idee!
Am nächsten Parkplatz steht seine Pausenversorgung, das Wohnmobil. Wir verabschieden uns und ich sehe als bald die Hängebrücke über den Jökulsa.





Der Jökulsa ist mit 800 m der kürzeste Fluss Islands und doch ist es für mich der schönste Fluss. Dieser Fluss entspringt aus dem Gletschersee Jökulsarlon, mein heutiges Highlight.










Auf dem bis zu 130 m tiefen See "kalben" etliche Eisberge mit bizarren Formen. Im Hintergrund ist der Gletscher "Breidamerkurjökull" zu sehen. Dieser See existierte am Ende des 19 Jh. noch nicht. Da reichte der Gletscher bis an das Meer.
Weil es hier so schön ist, ist es auch eine Touristenattraktion.





Hier kann man eine Tour mit Amphibienfahrzeugen oder Schlauchbooten auf dem See buchen. Es existiert auch ein Kiosk. Ich überlege noch, ob ich auch eine Tour auf dem See mache. Aber angesichts des Ansturms durch Touristen, entscheide ich mich dagegen. Auch so kann man 4000 ISK sparen. Das sind 4 Bier zwinker


Die Ente, zwischen den Steinen ist kaum zu erkennen.


Letzter Blick von der Ringstraße auf den See



Irgendwann ist jede Pause vorbei und es ist schon später Nachmittag.
Wo könnte ich heute mein Zelt aufschlagen? Der nächste Campingplatz (Gerdi) ist 15 km zurück in Richtung Höfn. Zurückfahren ist doof. Also weiter Richtung Westen.
Wie sträflich, ich habe heute den Wind nicht erwähnt. Das bedeutet aber nicht, dass es heute Windstill ist. Ich weiß gar nicht, ob es solch einen Tag auf Island überhaupt gibt?
Nein, nein Wind gab es heute auch. Doch heute war es mein bester Freund. Ich habe Rückenwind, juhu da macht doch Radfahren richtig Spaß. Vielleicht ist es auch Betrug. Ich verrechne es einfach mit den Tagen, als ich Gegenwind hatte.



Ich umfahre südlich den höchsten Berg Islands. Mir kommen heute richtig viele Radfahrer entgegen. Ich mache mein Klingelkonzert und hoffe, den Windgeplagten damit etwas Motivation zu geben. Ich kann die enorme Anstrengung der entgegenkommenden Radler nachvollziehen und ziehe meinen Hut. Wer weiß, wann ich wieder so kämpfen muss. Heute jedenfalls nicht.
Nach 140 km erreiche ich den Campingplatz am Skaftafellsjökull und bin südlich den größten Gletscher fast komplett umfahren.
Der Campingplatz ist sehr beliebt. Obwohl flächenmäßig groß, hat der Campingplatz eindeutig zu wenig sanitäre Einrichtungen. Teuer ist es hier auch noch. Ich suche immer noch nach den idealen Platz, wo ich mal einen Ruhetag machen kann. Dies wäre der ideale Platz. Man könnte Wanderungen/Ausflüge in den Skaftafell-Nationalpark machen. Mir ist hier der Rummel aber zu gewaltig.
Ich unterhalte mich noch mit einen amerikanischen Radfahrer und zwei deutschen Reisenden.

Nach Weiß kommt Schwarz - Der Skeidararsandur

Skaftafell-Kirkjubaerklaustur


Blick zurück vom Sander, auf den Skaftafell-Nationalpark

Ich will wieder ohne Wartezeiten die Sanitärwürfel nutzen und stehe dementsprechend vor 6 Uhr auf. Mein heutiger Abschnitt wird mich mitten durch den Skeidararsandur führen. Es soll nicht der schönste Teil sein. Aber wenn man weiß, wie dieser Sander entstand, ist es doch ein eindrucksvoller Abschnitt.


Flutdenkmal - Teil einer Brücke, die 1996 nach einem verheerenden Gletscherlauf zerstört wurde








Für die Brückenbau-Experten

Der Wind ist wieder mein Freund. Auf diesem Abschnitt könnte der Wind von der vorne anstrengend sein und von der Seite richtig gefährlich. Ich habe also heute keine Probleme. Es ist bedeckt, aber trocken.

Fakten zum Skeidararsandur:
Die Größe des Sander (auch Schwemmlandebene genannt) beträgt 1000 m² und ist der größte Sander Islands. Der Sander ist 50 km lang und teilweise 30 km breit. Viele Gletscherflüsse prägen den Sander, die ständig ihren Lauf ändern und während der Schneeschmelze ungeheure Wassermengen führen. Und genau durch den 33 km langen Teil des Sanders führt die Ringstraße, welche erst zwischen 1972 bis 1974 entstand. Zahlreiche Dämme und Brücken mussten gebaut werden, damit die Straße nicht fortgespült wird.
Die letzte Überflutung und damit die Zerstörung der Straße war 1996, wo 45000 m³/s Wasser zum Meer strömte und alles zerstörte. Die Straße musste mühsam wieder aufgebaut werden.
Vegetation gibt es im dem Sander fast gar nicht.









Am Ende des Sanders ragen wieder schöne Berge in den Himmel und es wird wieder grüner. Ich überquere Gletscherflüsse und die schöne Lavalandschaft „Brunahraun“, die mit Moos überwuchert ist.





Auch wenn es mal nieselt, es ist einfach nur schön. An einem Parkplatze treffe ich drei Deutsche aus Friedrichshafen, die mit einem Camper unterwegs sind. Für die meisten bin ich ein Exot und dass dieser Exot auch noch sprechen kann und überhaupt nicht verrückt wirkt, ist dann die totale Überraschung. Sie können sich überhaupt nicht vorstellen, dass man bei dem Wetter hier mit dem Fahrrad fahren kann. Manchmal, so erzählen sie mir, haben sie schon Probleme aus dem Auto auszusteigen, wenn der Wind mal zu heftig weht. Wir tauschen noch Informationen aus. Ich erfahre , dass der Campingplatz in Vik i Myrdal eine totale Katastrophe ist. Das ich morgen dort selbst meine eignen Erfahrungen machen darf, ahne ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Kurz vor Kirkjubaerklaustur (toller Name, was?) ist ein Campingplatz, der mir hier im Forum empfohlen wurde. Der Kiosk und der Hotpool sollen ganz toll sein. Ich bin jedoch zu früh (15:00 Uhr) hier. Weder Kiosk, noch Hotpool sind offen. Nun habe ich mich auf Essen eingestellt, Mist! Also fahre ich bis Kirkjubaerklaustur und finde dort einen Campingplatz. Dieser ist sehr schön und hat wieder einen Aufenthaltsraum. In dem kleinen beschaulichen Ort (150 Einw.) gibt es einen Supermarkt und ein Restaurant. Ich baue mein Zelt auf und fahre zum Supermarkt. Vor dem Einkauf muss ich aber noch was essen, sonst kaufe ich den Laden leer. zwinker
Ich bestelle eine 12 Zoll Pizza und ein Bier. bier Welch' ein Genuss, einfach nur lecker!
Vor dem Supermarkt steht ein Reiserad, welches einer jungen, hübschen Frau gehört. Irgendwie fällt solch ein Rad hier auf und die Frau natürlich auch.
Nach dem Einkauf fahre ich wieder zum Campingplatz. Es nieselt leicht. Wieder sehe ich auf den fast leeren Campingplatz das Rad. Schüchtern ist man auf einer Radtour nicht, aber dafür neugierig. Somit komme ich mit der Frau ins Gespräch und ich erfahre, das sie eine Deutsche ist. Umso besser, kann man deutsch reden. Sie erzählt noch was von München.

Stopp, da war doch was!
Vor ein paar Tagen hatte ich doch den Spanier Andres kennengelernt und heutzutage hält man über Facebook Kontakt. Man erfährt auch, wen der Facebook-Freund/-in als neuen Freund/-in kennenlernt. Also habe ich vor ein paar Tagen erfahren, dass Andres hier in Island eine Solveig aus München als Freund/-in kennengelernt hat.

Sollte diese Frau aus München die Solveig sein? Ich frage sie und tatsächlich, sie kennt Andres. Andres hat von mir erzählt und wir amüsieren uns über die kleine Welt.
Wir bleiben heute bei dem Nieselregen im geräumigen Aufenthaltsraum und haben uns viel zu erzählen. Jeder hat auf seiner Tour etliche Erlebnisse gehabt und vieles kommt einem bekannt vor.
Solveig ist in Norwegen geboren und sie lebt seit 17 Jahren in Australien. Dort hat sie ihr Abitur gemacht und macht jetzt eine Auszeit vom Lernstress, bevor sie ihr Studium beginnt. Sie will unbedingt reisen und das Rad erschien ihr als das günstigste Reisemittel. Es ist nicht teuer und man sieht viel. Das Rad und viele Sachen hat sie sich zusammengeborgt und hier auf Island macht sie nun ihre ersten Erfahrungen mit Radreisen plus Camping. Island also das Land für Radreiseanfäger? Ich bin buff.
Ich würde nicht so viel darüber berichten, aber mich hat ihre Biografie, ihre Reiselust und auch ihre Unbekümmertheit beeindruckt.
Sie möchte auch weiter gen Westen fahren und so werden wir morgen bis Vik zusammenfahren. Falls es passt. Es gibt noch so viel zu erzählen.

Schau'n wir mal, wie es weiter geht!