Re: Südbolivien : Pistenführung mangelhaft

von: wal

Re: Südbolivien : Pistenführung mangelhaft - 02.02.16 05:51

... so, die vorletzte Episode:

Volcan Uturuncu

5770 Meter. Jetzt bin ich oben, und brauche erstmal etwas Zeit zum Atmen. Zugegeben, ich habe irgendwann, als es steiler wurde, das Gepäck am Pistenrand liegen gelassen, und auf den letzten 200 Höhenmetern auch das nackte Rad immer mal wieder geschoben. Aber jetzt bin ich oben. Nur ich bin hier am Berg. Der Himmel ist tief dunkelblau, so soll es ja auch sein auf fast 6000 Metern.
Jetzt noch schnell das Heldenfoto: ich mit hoch gestemmtem Fatbike auf der höchstgelegenen Piste der Welt. Aber es wird nix. Obwohl zuhause erfolgreich ausprobiert, bekomme ich das Rad hier in der Höhe nicht hoch gehoben…


Ich leere meinen Rucksack aus und packe nur die Wasserflasche, zwei Fruchtriegel und den Fleecepulli wieder ein. Den Rest (Hardshell Jacke und Hose, Stirnlampe, Tablet, Landkarte, Essnapf, Besteck und den Rest des Tagesproviants) verstecke ich windgeschützt hinter dem Felsen, an dem das Fahrrad parkt. Es sind jetzt keine 300 Höhenmeter mehr bis zum Gipfel, sozusagen ein Nachmittagspaziergang. Es geht los, den Schutthang hoch. Ich zwinge mich, gleichmäßig langsam zu gehen. Nach nur 40 Minuten bin ich dann oben: 6008 Meter, der Gipfel des Uturuncu.


Insgeheim nenne ich den Berg dann den „Sandalen-6000er“, denn ich bin tatsächlich in Sandalen hier hoch gelaufen. Ich hatte Glück dass keine ernsthaften Schneefelder in meinem Weg lagen und der letzte Anstieg vom „Parkplatz“ aus eben doch technisch ein Spaziergang war.


Es gab zwar ein mini-kleines Schneefeld, wie es sich immerhin für einen 6000er gehört, aber da war man mit einem großen Schritt locker drüber gestiegen.


Die Aussicht am Gipfel ist grandios. Ich kann deutlich sehen, wo ich in den letzten Tagen hergekommen bin, und sehe auch, wo die Piste weiter nach Norden führt, am Nevado Soniquera vorbei. Die Wolken bilden bizarre Formen, vom ewigen Wind wie zerrissen. Nach einer Stunde gemütlicher Pause am Gipfel wird es Zeit zu gehen. Ich muss ja noch mein Gepäck einsammeln und meinen geplanten Zeltplatz an einem verfallenen Gemäuer erreichen. Etwa 400 Höhenmeter Abfahrt warten jetzt am Nachmittag noch auf mich.


Wieder am Fahrrad packe ich meine deponierten Sachen zurück in den Rucksack, und dann geht es an die Abfahrt. Die alte Minenpiste ist im Wesentlichen gut zu fahren, an einigen Streckenabschnitten ist es jedoch extrem steinig. Hier heißt es aufpassen, denn die Piste ist auch teilweise sehr ausgesetzt angelegt. Faszinierend ist die weite Aussicht auf die Täler und die Nachbarberge, insbesondere auf den Nevado Soniquera. Da ich immer wieder anhalte, um die Aussicht zu genießen, oder um Fotos zu machen, komme ich doch nicht so rasant voran, wie man es bei einer steilen Abfahrt erwarten könnte.




Zudem ist die Piste zwar gut fahrbar, aber für eine rasante Fahrt sind mir doch zu viele Steine und Löcher dabei… Einen Sturz oder Defekt am Rad möchte ich hier nicht riskieren. Ich bin sehr zufrieden mit dem Fatbike. Es bollert problemlos über kleinere Hindernisse und die dicken Reifen greifen sehr gut in weichem Untergrund, wie vulkanischem Sand. Immer wieder frage ich mich sogar, wie ich ohne Fatbike überhaupt meine vergangenen Touren ausgehalten habe, vor allem die Reisen ins Hochland von Tibet, wo es ja tagelang überhaupt keine Pisten gab...






Langsam aber sicher verliere ich an Höhe. Die Nachmittagssonne wärmt angenehm und der starke Wind, der mich im oberen Teil der Piste doch ganz schön gebeutelt hat, ist jetzt nicht mehr so deutlich zu spüren. Schließlich erreiche ich das verfallene Gebäude, das ich während der Auffahrt schon bemerkt hatte. Die Mauern werden mir Windschutz geben, dort werde ich übernachten. Als die Sonne hinter dem Berg verschwindet, wird es dann aber empfindlich kalt.


Der Sonnenuntergang ist jedoch unbedingt sehenswert: blutrot erscheinen die dünnen Wolkenstreifen über dem Nevado Soniquera und auch neben dem Gipfel Uturuncu gibt es eine hübsche orange-rote Wolke.




Ich bin zufrieden mit meiner Vulkan-Tour und schlafe gut, auch wenn der Höhenmesser 5350 Meter anzeigt und es nachts -15°C kalt wird. Dafür lasse ich mir am nächsten Morgen Zeit, und breche erst auf, als die Sonne schon wärmend das alte Gemäuer bescheint.





Der Vulkangipfel rückt in immer weitere Entfernung und die Piste wird zunehmend auch wieder sandig, natürlich dann auch mit dem üblichen Wellblechmuster. Irgendwann führt die Piste in ein sandiges Tal und damit sehe ich den Uturuncu-Gipfel bis Quetena nicht mehr.



(Fortsetzung folgt...)