Re: Südbolivien mit dem Fatbike:Sandetappe

von: wal

Re: Südbolivien mit dem Fatbike:Sandetappe - 30.01.16 09:26

... Fortsetzung:


Der Wecker klingelt um 5, um 6 bin ich wieder auf der Piste. Es ist schon einigermaßen hell, aber die Sonne ist noch nicht über den Horizont. Dafür steht der Vollmond noch hell über der Landschaft. Es ist kalt, mein Thermometer zeigt -8°C an und das Wasser in der Zweiliterflasche, die ich nachts versehentlich am Fahrrad gelassen hatte, ist gefroren. Vielleicht war es doch keine so gute Idee, gleich in kurzen Hosen und ohne Socken los zu fahren... Ich bin jedoch zu faul mich umzuziehen, die Sonne müsste ja gleich kommen. Bis dahin kann ich ja etwas kräftiger reintreten…

Ich bin so früh unterwegs, um die windstille Zeit bis Mittag optimal auszunützen. Die nächsten etwa 70 bis 80 km sollen sehr sandig sein. Ich hoffe auf ein guten Tag für mich auf dem Fatbike mit wenig Schiebepassagen…



Ganz allmählich führt die Piste bergauf, weiches Wellblech. Ich fahre langsam, sehr langsam, mehr als 8km/h ist nicht drin, mit Pausen werden es dann also 6 Kilometer in einer Stunde. Mehr als ein Kilometer „am Stück“ zu fahren ist auch nicht drin. Mir fehlt hier auf 4400 Metern Höhe irgendwie die Luft zum Atmen. So ist mein Rhythmus heute: einen Kilometer bergauf am Stück radeln, dann kurze Pause zum Atmen, wieder einen Kilometer, wieder kurze Pause, und so weiter. Nach 45 bis 50 Minuten gibt es dann 10 bis 15 Minuten Pause mit einem Schluck Wasser und ein paar Nüssen oder ein bisschen Trockenobst. Wasser muss ich mir einteilen, für die nächsten zwei Tage werde ich kein Wasser bekommen können und habe also seit der Laguna Hedionda meinen nötigen Wasservorrat dabei.


In einiger Entfernung sehe ich drei schwarze Punkte in der Landschaft: Nandus! Ihre Spuren hatte ich schon die ganze Zeit im Sand der Piste gesehen. Ich versuche, noch etwas näher ran zu fahren, aber als ich die Kamera dann ausgerichtet habe, laufen sie davon. Lediglich die Viscachas und auch die Felshühner kann ich in Ruhe fotografieren. Sie sitzen auf den vom Wind gerundeten Felsen und genießen die Wärme der ersten Sonnenstrahlen. Im Laufe des Tages sehe ich dann auch noch einige Vicunias, die hier heimische wilde Lama-Art. Sie sind aber recht scheu, und nur selten gelingt es mir, so nah heranzukommen, dass ich sie auch fotografieren kann.








Die gesamte Landschaft ist eine weite Piste. Zahlreiche Spuren führen weit voneinander entfernt in die gleiche Richtung, man kann sich also aussuchen, wo man am liebsten fahren würde. Allerdings sind alle Spuren fast gleich schlecht: Der Untergrund ist weich, vulkanischer Sand, und darüber das übliche Wellblechmuster, das von den zahlreichen schnell fahrenden Geländewagen verursacht wird.


Und wenn es mal kein Wellblech hat, dann ist der Untergrund so mit Steinen übersät, dass ebenfalls kein holperfreies Fahren möglich ist. Das Fatbike hilft nicht gegen das Wellblechmuster alleine, aber es ermöglicht mir oft ganz außen am weichen Rand zu fahren, wo man normalerweise schon zu stark einsinkt. Es geht langsam, aber immerhin kann ich fahren. Das Fatbike ist auch ideal, wenn ich mal die Spur wechseln möchte und über den Sandwall am Rand der Spur fahren muss. Wo keine Vegetation ist, fahre ich ab und zu auch mal „querfeldein“ also auf dem Vulkansand ohne Piste. Das geht wunderbar, teilweise fast besser als auf der zerfahrenen Piste, wird jedoch schnell wieder unterbrochen wenn die Vegetation aus pieksigen Polsterpflanzen zu dicht wird.



Ein Pass mit 4670m ist irgendwann erreicht, und fast unmerklich geht es jetzt wieder bergab. Plötzlich nimmt der Wind kräftig zu, genau von vorne. Verdammt, es ist ja auch schon 12… Die Piste windet sich in ein Trockental, der Wind wird hier stark kanalisiert, und die Piste ist extrem weich.


Das Fatbike fährt mühelos auf dem Sand, aber der Wind bremst mich stark aus und trocknet mich auch aus. Weiter. Pause. Weiter. Plötzlich entdecke ich eine Windschutzmauer unter einem Felsen. Ein perfekt geschützter Zeltplatz. Ich mache also Schluss für heute. Das Zelt passt dann auch genau in die freie Fläche umrundet von der Mauer.


Am nächsten Morgen breche ich wieder früh auf. Das Höheprofil tagsüber ist wellig zwischen 4400 und 4600 Metern. Es gibt keine wirklich befestigten Pisten, sondern einzelne, mehr oder weniger häufig genutzte Fahrspuren durch den Vulkansand. Fatbike-Gelände. Ich fahre jeden Meter. Langsam, aber alles ist fahrbar, teilweise sogar sehr gut fahrbar. Dennoch merke ich den oft den deutlichen Wiederstand des weichen Sandes.


Mittags erreiche ich Arbol de Pietra, die Steinskulpturen. Mitten in einer sandigen Senke befinden sich einige bizarr durch den Wind geformten Felsen. Ich bin dort völlig alleine. Es ist heiß und ich gönne mir eine halbe Stunde Pause, endlich mal mit Schatten... Danach sind es nochmal 20 Kilometer Sandpiste im Gegenwind bis zur Station an der Laguna Colorada. Alles fahrbar trotzt sandigem, unangenehmem Wellblech, auch in den tiefen Sandlöchern muss ich vom Fatbike nicht absteigen.