SW-2014-1 Kl.Kinzig - Alte Kandelstr. - Geiersnest

von: veloträumer

SW-2014-1 Kl.Kinzig - Alte Kandelstr. - Geiersnest - 30.01.15 18:54

SW-2014-1 Schwarzwald Mitte/Süd: Anspruchsvolle Entdeckerrouten zwischen Kinzigtal und Dreisam

Kleine Kinzig – Moosenmättle über Reichenbächle – Schonach – Rohrhardsberg – Alte Kandelstraße – Schindelbergstraße – Kandelpass – Freiburg – St. Ulrich – Geiersnest - Schauinsland – Kirchzarten – Jostal – Eisenbach – Villingen

4 Tage | 374 km | 6610 Hm

Wie schon vorhergehend erwähnt, bildete diese Tour auch einen verzögerten Kontrapunkt mit einer alternativen Route zum Kandelpass. Als einziges geeignetes „Frühjahrswochenende“ des Jahres (eigentlich schon Sommer, den Temperaturen nach sogar Wüstensommer) blieb es auch meine einzige Vorbereitungstour zur Sommerreise. Eigentlich zu kurzfristig, startete diese doch bereits eine Woche später, war es gerade noch rechtzeitig, da sich zeigte, dass die selbstaufblasbare Schlafunterlage den Winter nicht gut überstanden hatte. (Das Innenleben der Thermarest löste sich auf, zunächst durch ein kribbelndes Geräusch zu merken, dass an zusammengedrückte Ameisen erinnerte, dann blähte sich die Matte zum Ballon auf, dankenswerterweise erst in der letzten Nacht.) Noch mehr, war die Reise auch ein Kontrapunkt zur Tour SW-2010-2 mit einer Alternative zum Moosenmättle. Der Kontrapunkte noch nicht genug, stellt auch der Anstieg über St. Ulrich nach Geiersnest eine Alternative zu SW-2009-2 dar, gleichwohl verlängert eine Alternative zum Freiburger Hausberg Schauinsland (selbige Nord-Straßenauffahrt war Teil einer hier nicht erwähnten Tour vor etlichen Jahren). Und das war noch nicht alles. Ich entdeckte die Alternative der Kleinen Kinzig – deutlich attraktiver bis zur Zusammenführung bei Schenkenzell als die Tour entlang ihrer großen Tochter. Weitere schöne Seitenwege gab es auch noch am Schlusstag der Tour.

Fr 6.6. Stuttgart – Böblingen – Aidlingen – Deckenpfronn – Wildberg – Mindersbach – Ebhausen – Walddorf – Pfalzgrafenweiler – Sattelacker (736m) – Hallwangen
81 km | 16,7 km/h | 4:48 h | 1145 Hm
AE (Bella Italia, Pfalzgrafenweiler): Schweinrückensteak "Al Limone", Rw 17 €
Ü: C Königskanzel 0 €

Der Anfahrtsweg ist natürlich wieder unauffällig, jedoch sollte ich erwähnen, dass die Variante vom Nagoldtal hinauf nach Mindersbach und weiter hinüber nach Ebhausen, zurück an der Nagold, erneut mit Aufstieg nach Walddorf eine sehr hübsche Alternative zur sturen Nagoldflussroute darstellt, gleichwohl nicht steigungsarm. Man erhält eine Reihe verschiedener Panoramablicke und bewältigt einige Bergkurven durch Wiesenhügel. Da ich bis zum Erreichen des Campings in Hallwangen nicht mehr mit einer Einkehrmöglichkeit rechnen konnte, zog ich das Abendmahl in Pfalzgrafenweiler vor, erreichte dann den Camping zur Nachtzeit.

Sa 7.6. Hallwangen – Freudenstadt – Fritz-Laufer-Brunnen – Schömberg (744m) – Oberes Dörfle – Stausee Kleine Kinzig – via Waldpiste/Wasserweg – Oberes Dörfle – Reinerzau/Silbersee – Schenkenzell – Schiltach – Reichenbächle – Schöngrund (662m) – Heuwiese – Moosenmättle (781m) – Fohrenbühl (787m) – Wachtbühl (792m) – Windkapf (910m) – via Waldpiste – Leutschenbach – Staude – Gremmelsbach – Triberg – Schonach – Wilhelmshöhe (974m) – Am Schlagbaum (1000m) – Rohrhardsberg (1152m) – Kostgefäll – Simonswald
103 km | 12,6 km/h | 8:10 h | 2005 Hm
AE (Krone-Post): Pan. Schnitzel, Kart.salat, Salat, Rw, Erdbeerku. 17,30 €
Ü: C Schwarzwaldhorn 8 € (reg. 10,50 f. Radler/Wanderer)

Dieser Tag ist nur für abgehärtete Bergfreunde geeignet. Da ich mangels Personalanwesenheit die Campinggebühr gespart hatte, gönnte ich mir ein radlergerechtes Frühstücksbuffet im namentlich sinnstiftenden „Café Pause“ in Freudenstadt (übrigens auch vorzügliche Schokoladen und Pralinen aus eigener Herstellung). Den ersten Schweiß wischte ich mir schon am nächsten Hochpunkt ab, dem Fritz-Laufer-Brunnen. Nach kleiner Waldabfahrt öffnet sich ein offenes Weidehochtal bei Schömberg – ein Ort, der es zu einer Schönheitsauszeichnung gebracht hat – verdientermaßen, denn hübsch ohne Kitsch. Wieder ein Schwung weiter unten, im Oberen Dörfle, kann man zum Stausee Kleine Kinzig abzweigen. Das ist eine Stichstraße, die nur zum Schluss stärker ansteigt. Der stimmungsvolle See lässt sich wohl auch per Piste umrunden, nach Norden gibt es auch weitere Wege, wobei ich die Wegequalität nicht kenne. Zur anderen Talseite der Straße befindet sich der Wasserweg, ein Lehrpfad rund um das Nass, nach dem man sich an dem Tag häufiger sehnen konnte. Dieser Weg ist Piste, sehr wohl aber gut befahrbar, durch ein paar Zwischenhebungen aber etwas anspruchsvoller als die Straße.

Wieder zurück im Haupttal, wartet unterhalb Reinerzau gleich ein weiteres kleines Schmuckstück, der Silbersee. Leicht von der Straße aus zu übersehen, da nicht einsehbar, liegt er in einem kleinen Felskessel mit Wasserfall zur anderen, nicht zu Fuß erreichbaren Seite. Der See ist als Badestelle mit Grillplatz und Hütte eingerichtet und wird wohl meist nur von Einheimischen besucht. Auch der Unterlauf der Kleinen Kinzig ist recht ansprechend, nach weiten Wiesen wird es gegen Schenkenzell hin schluchtig, mit Felsen zur Seite aufragend.

In Schiltach befrage ich zunächst noch einen Einheimischen zu den verschiedenen Alternativen zum Moosenmättle. Von einer dritten Möglichkeit nebst Kirnbachtal und folgend via Reichenbächle, nämlich ab Eulersbach, rät er mir ab, da schlecht bis nicht mit Reiserad fahrbar. Für nunmehr beschriebene Route fährt man zunächst ein Stück recht flach an der Schiltach entlang, wobei es zur anderen Seite der Bundesstraße einen guten Radweg gibt. Mit dem Abzweig nach Reichenbächle ist dann mit Gemütlichkeit endgültig Schluss. Der Anstieg hat sicherlich zweistellige Steigungswerte und bei Sommertemperaturen von um die 35 °C entspricht der Flüssigkeitsverlust in etwa der Wassermenge des nebenan verlaufenden und wild rauschenden Schwarzwaldbaches. Die Straße windet sich eng hinauf, mit Wald und kleinen Wiesen, mal ein paar Höfe. Noch etwas offener wird es nach oben, mit einer Schleife um einen Weiler rum hin zu Schöngrund (hier führt ein Waldweg hinunter nach Eulersbach), noch weitere Blicke beim Gasthof Heuwiese, wo eigentlich die Hochebene erreicht ist, die etwas verminderte Steigung aber noch weiterführt bis zu einem Hochpunkt im dunklen Tannenwald. Nunmehr schwingt man sich wieder hinab, die weite Hangebene öffnet sich in Richtung Lauterbach. Mit Erreichen der Straße Lauterbach – Moosenmättle darf man wieder kräftig nach oben treten, wenngleich nicht mehr so dramatisch wie vorher. Dabei bleibt man im Schatten bis Moosenmättle erreicht ist.

Nunmehr geht es in einem mäßigen Auf und Ab über die Hochebene mit Windmühlen, Weilern, Schwarzwaldwiesen und immer wieder kleinen Wäldchen. So kann man bis nach St. Georgen gelangen. Doch sind auch hier noch Alternativen gegeben. Nun bin fehlerhaft zu spät hinter Windkapf abgezweigt, der scheinbar gut anmutende Weg, zunächst Asphalt, dann Piste, wandelte sich weiter hinunter immer mehr zu einem Hohlwegtrail, wo ich zeitweise das Rad hinunter schieben musste. Das eher unerfreuliche Intermezzo ward aber schnell beendet, in Leutschenbach kehrte ich auf eine schön geschwungene Straße durch Wiesen-Weide-Land im Auf und Ab zurück. Man kann natürlich schon direkt bei Leutschenbach hinunter ins Gutachtal, jedoch ist der Umweg durchaus lohnend. Ab Staude geht es dann länger bergab, teils recht steil und im engen Tal wie bei Gremmelsbach.

Sodann ist man im dunklen Gutachtal dem unschönen Verkehr der Bundesstraße ausgesetzt. Für den Tunnel Richtung Triberg ist es aber möglich (Tunnel ist offiziell auch nicht erlaubt für Räder), den Berg am Fluss entlang zu umfahren. Bereits unterhalb stößt man auf die Vermarktung des traditionellen Schwarzwälder Exportschlagers, den Schnitzuhren mit und ohne Kuckuck – in allen erdenklichen Größen und mit sämtlichen Schwarzwaldklischees oder aber auch darüber hinaus. Touristengerecht direkt an der Bundesstraße liegt da das Haus der 1000 Uhren und am unteren Tunneleingang dann die größte Kuckucksuhr der Welt – neuerdings, denn die ehemals größte steht einiges weiter oberhalb in Schonach (aber nur per Museumseintritt zu sehen). Der große Kuckuck zeigt sich nicht, dafür aber treten die Trachtenfiguren aus dem Fensterchen zur Rückseite gerade hervor.

Wenngleich nicht durchgehend sonnig, gierte der geforderte Radler bei der Tageshitze nun endlich nach einem Eis. Selbst dieses muss Meter für Meter erkämpft werden, denn Triberg ist nur mit Steigung zu erreichen, selbst innerorts zieht es sich weiter nach oben, übergehend nach Schonach. In Triberg gibt es einen neuen Park neben der Straße, in dem sich überlebensgroße Schnitzfrauen mit Bollenhut in einer gewissen hässlich entstellten Weise dem Betrachter entgegen stellen. Nach dem Narrenbrunnen in Schonach, von Hexen reingekehrt, wartet oberhalb des Ortes die Abendstimmung auf der Wilhelmshöhe, Kreuzungspunkt mit dem Westweg und mit einem größeren Gasthof ausstaffiert.

Erneut hinunter, folge ich aber nur kurz der oberen Elz. Schon wartet ein Abzweig zum Rohrhardsberg, eine Route, die schließlich weitgehend über passable bis sehr gute Piste führt. Meist sind hier weite Weiden, nur wenige Gehöfte, eingangs weit unten noch eine Tagesgaststätte. Während die Auffahrt stimmungsvoll ist, bietet der Hochpunkt wenig – wie im Schwarzwald häufig, ist der Berg mehr ein Grat mit kaum bestimmbarem Gipfel. Die Piste wird vor allem zur Westseite hinunter schlechter und man wartet dann doch wieder auf den erlösenden Asphalt. Auch ist die Westseite einiges schattiger und enger. Die Ortsküchen in Simonswald haben schon reduzierten Betrieb für den Spätankömmling. Ausgleichend gibt es am Camping einen Kurznacht-Sonderpreis, nochmal unter dem schon günstigeren Radwanderertarif.

So 8.6. Simonswald – Alte Kandelstraße – Schindelbergstraße – Alter Kandelweg – Kandelpass (1204m) – St. Peter – Stegen – Freiburg/Dietenbachsee – St. Georgen – Merzhausen – Sölden – St. Ulrich – Geiersnest (820m) – Parkplatz Gerstenhalm (850m) – Eduardshöhe (859m) – Holzschlägermatte – Schauinsland (1284m) – Notschrei (1121m) – Kirchzarten
97 km | 12,4 km/h | 7:48 h | 1970 Hm
AE (esszimmer): Sommersuppe (Orange/Paprika-Creme), Schwarzwaldsteak m. Pilzen u. Käse überb., Salat, Rw, Eis mit heißen Himbeeren 24,60 €
Ü: C Kirchzarten 19,90 €

Simonswald bietet schon im Ort jede Menge Schwarzwaldromantik mit Mühlenpark etc. Auch der Einstieg zur Alten Kandelstraße wirft gleich im Morgendunst träumerische Bilder. Beim letzten Weiler mit Mühlrädern beginnt mit der Schranke die Piste, zunächst weitgehend gut zu fahren. Allerdings ist die Steigung recht ordentlich. An der Verzweigung Alte Kandelstraße/Schindelbergstraße ist ein größerer Stufenwasserfall zu finden. Fährt man die Alte Kandelstraße weiter, würde man unterhalb des Kandelpasses auf der Südseite heraus kommen. Fährt man hingegen die Schindelbergstraße (gleichwertig gute Piste) weiter, macht man einige weite Bögen (trotzdem recht anstrengend), bevor man dann zunächst auf Waldbodenpiste umsteigen muss und schließlich über den Alten Kandelweg auf einem Wanderpfad direkt zum Kandelpass gelangen kann. Teile davon sind schließlich nicht mehr fahrbar, insbesondere sind ganz oben die Wiesen von Quellwasseradern geflutet. Das Schieben aber lohnt irgendwie doch, denn die Wiesen hier oben empfangen einen mit dem Zauber, der Mystik, die der ganze Berg zu verströmen weiß.

Die Hitze des Tages war mindestens extrem. Zu Tale umso mehr, sodass ich nicht ohne Badepause die Tour fortsetzen wollte. Für freie Badeplätze muss man eher ganz nach Freiburg rein und quasi durch, um anschließend sich wieder an den Bergrand zurückzukämpfen. So wahrlich toll ist dabei die Ausschilderung für eine Fahrradstadt nicht, selbst wenn man sich schon ein bisschen auskennt. Kein besonderes Ruhmesblatt und leider irgendwie typisch für angebliche Radlerstädte.

Das Tal nach St. Ulrich macht Laune, obwohl mehr Autos fuhren als erwartet – wohl gerne als Ausflugsziel genommen. Vom hübschen St. Ulrich dann geht es steiler hinauf in echten Serpentinen. Am Gerstenhalm-Parkplatz finde ich zum Glück noch einen Ortkundigen, wäre ich doch sonst wieder ganz nach Horben abgefahren und per Straße nach Schauinsland hinauf. So versicherte mir der Einheimische, dass ich über gute Piste auch quer rüber über die Wiesen mit weit weniger Höhenmetern zur Schauinslandstraße gelangen kann, die Piste dann einmündend beim Gasthaus Holzschlägermatte. Die Piste führt teils über die Hochweiden, teils durch Wald. Zur Abendstunde wirkt Schauinsland schon ausgestorben, die Kabinenbahn fährt nur recht begrenzt, ohnehin war sie aktuell ganz außer Betrieb. Wer es nobel mag, kann nach Höhenfahrt zum Notschrei dort in einem recht luxuriösen Hotel (vier Sterne) absteigen.

Die Nordseite zum Notschrei kannte ich noch nicht, so war ich etwas überrascht von dem ausladenden Tal mit doch einigen Fels- und Wasserschönheiten, wenngleich die Straße trotz Kurven wie eine Autobahn wirkt. Auch die untere Talteilung ist recht hübsch, flacht schließlich ganz ab. Kirchzarten zeigt sich etwas unentschieden zwischen Kurstadtnobless vor den Toren der Zähringermetropole mit Segelflug- und Golfplatz einserseits und beschaulicher, pittoresker Kleinstadtidylle andererseits. Nicht ganz unbescheiden, wenngleich politisch durchaus etwas umstritten, vermarktet man einen fast alljährlichen Rad-Event, den Black Forest ULTRA Bike Marathon, Thema bereits des Bilderrätsels 862. Artgerecht findet der Radler auch ein spezielles Bike-Hostel vor Ort. Etwas überzeichnet scheint der Anspruch des 5-Sterne-Campings mit einem Single-Kleinzeltpreis von 20 Euro – immerhin die Höchstmarke unter den deutschen Campings, die ich bisher besucht habe. Dafür gibt es Fußbodenheizung in den Sanitäranlagen im Hochsommer – wahrlich ein fehlgeleiteter Luxus zu Lasten des Gastes, dem der Schweiß schon beim Rasieren herunter rinnt – und eine der schlechtesten Parzellen, die ich jemals auf einem Camping erhalten habe (zwischen scheußlichen Wohnmobilwänden), Nischen Fehlanzeige. Sogar einen eigenen Pool möchte man sich bei 5 Sternen sparen – gibt es doch nur eine Gratiskarte für das öffentliche Freibad. Frägt sich, wer die Sterne vergibt. Ich kann den Platz leider überhaupt nicht empfehlen, daher im Zweifel mal nahebei im Ortsteil Oberried versuchen (Camping liegt etwas abseits der Hauptstraße) oder gleich nach Freiburg (zwei Campings dort am Ostrand). Immerhin ist das vom Campingbetreiber unabhängige Restaurant wiederum ziemlich gut.

Mo 9.6. Kirchzarten – Buchenbach – Thurner (1034m) – Bruckbach – Jostal – Neustadt-Hölzlebruck – Hesselkreuz (1000m) – Schwärzenbach Platzberg (1052m) – Höchstberg (1032m) – Eisenbach – Vöhrenbach – Auf der Steig (966m) – Neuhäusle – Villingen – Niedereschach – Zimmern – Rottweil || per Bahn || Stuttgart
93 km | 14,1 km/h | 6:35 h | 1490 Hm
AE (Rottweil): Dönerteller, PF, Salat, Bier 10,50 €

Der Sommer trommelt heute nochmal kräftig, obgleich ihm im weiteren Verlauf des Jahres doch eher die Puste ausging. Bevor es im weichen Morgenlicht aus den weiten Wiesenhängen ins enge Tal geht, bunkere ich nochmal preiswerte, schmackhafte badische Erdbeeren von einer Beerenfrau. Schweiß hatte ich schon viel gelassen, so früh am Morgen schon ermattet wie ein schwerfälliger Schwarzwaldbär. Nach dem hübschen Talanstieg folgt noch eine Hochebenensteigung über das weite Wiesengrün – es scheint gemalt, unwirklich. Statt das ohnehin leuchtende Jostal zu befahren, gibt es nochmals eine schöne Alternative. Sie führt unmittelbar am Thurner über eine Kuppe mit Wäldchen hinunter und durch die Wiesenhänge, durchsetzt von einigen Höfen. Man kann das Auf und Ab noch verlängern, ich stoße bereits etwa bei Urishof auf die Jostalstraße. Viel Wasser hat der Josbach nicht, aber die Hitze fordert Bad mit Pause – bitte nicht zu kurz. Das Ufer hier ein Lupinentraum, Violett vorm Himmelsblau – ein Himmelreich fürwahr.

Es ist nicht weit, der kleinste Hügel wieder ein Stöhnen unter Schweiß. Vor den Toren Neustadts hats zum Glück eine Eisbude. Die Frage ist, wie lange hält Eis bei ca. 40 °C? Ist die Zunge schnell genug? Jeder Luftzug ist ein hot stream – als würde jemand den Haartrockner ins Gesicht halten. Außer Erdbeeren und Eis kann ich des Tags nichts aufnehmen. Ich fahre weiter, trotz Halbschatten und über 850 m Meereshöhe: Hier schmilzt der Asphalt. Black Forest goes Africa. Es wird ein kleiner Kampf, die Klebemasse wieder loszuwerden, bevor die Steinchen den Reifen durchbohren könnten. Ich warne noch einen Rennradler, der mich entgeistert anklotzt, als sei ich ein Wirrkopf. Er wird es wenig später selbst erlebt haben. Das Klischee hingegen endet nicht. Mehr schöne Schwarzwaldhöfe, Wiesengrün, Mühlenräder, Urlaub auf dem Bauernhof. Die Route hier über Unterschwärzen ist reizvoller als die schattige Waldroute direkt von Neustadt nach Eisenbach wenig weiter östlich. Überall tun sich noch Alternativen auf – kleine Asphaltstraßen nach Norden – stets ein Auf und Ab. Es lohnt nochmal wiederzukommen.

Nach der Schattenpause am Hesselkreuz fasse ich wieder Kraft, langsam sinken die Temperaturen. Die Nebenroute von Vöhrenbach durch Wald über Neuhäusle nach Villingen ist landschaftlich kaum lohnend – sehr eintönig. Im ersten Teil eine kräftigere Steigung, später große Teile Piste. In Villingen nochmal Eisdiele – was sonst? Radfahrer versucht man in Villingen auf Biegen und Brechen zur Neckarquelle zu lotsen. Kann sich wohl kein Radwegplaner vorstellen, dass da nicht jeder Radler hin will. Als ich endlich die richtige Straße unter dem Pneu habe, läuft das Rad rund, die Abendkühle lässt mich Vordenken: Weniger als ein Woche und dann ruft das gemäßigte Mittelmeer. Nicht mehr Wüstensommer im Schwarzwald. Schön wars trotzdem, drei Grad weniger geht bestimmt beim nächsten Mal, wenn es dann nicht gleich wieder Schwarzwaldsibirien sein wird. Aber wie gesagt: Schwarzwald ist was für Leidensfähige.

Musikvorschlag zur Bildergalerie: Dizzy Krisch „Solo“ (9:54 min), Vibraphonist aus Schramberg

Bildergalerie Tour SW-2014-1 (100 Fotos, bitte auf Bild klicken):