Re: Von Freiburg über die Alpen nach Korsika :-)

von: philipp_k

Re: Von Freiburg über die Alpen nach Korsika :-) - 18.01.15 20:00

Sechszente Etappe : Cecina - Florenz 25 + X km

Die letzte Nacht war so naja. Irgendwie schlafe ich unter freiem Himmel immer unruhig, da ich natürlich schon ein leichtes Opfer wäre wenn es Jemand auf mich abgesehen hätte.
Möchte spontan noch für zwei Tage nach Elba denke ich mir. Das ist nur noch eine Tagesetappe von hier und das würde von der Zeit gerade noch reinpassen bevor ich dann zurückkehre nach Livorno. Ich verlasse diesen schönen, aber auch künstlichen Strand und suche mir eine Bar zum frühstücken. Mir macht es Spaß jeden Morgen einen neue Bar aufzusuchen. Diese sind im Prinzip alle gleich, da es meist das ähnliche Sortiment gibt, aber auch alle eigen auf Grund ihrer individuellen Einrichtung. Zudem trifft sich hier immer ganz Italien und es ist ein reges Kommen und Gehen. Im Gegensatz zu Deutschland wird aber nicht lange verweilt, sonder nur kurz ein Espresso genossen und das im Stehen. Zeit zum Hinsetzen wie bei uns nehmen sich die Italiener nicht. Ich stelle mir die Frage, seit wann es wohl Kaffee in Italien gibt und wie sich solch eine, für die Gesellschaft so wichtige Trinkkultur verbreiten und manifestieren konnte. Wie würde es wohl Italien, mittlerweile wohl auch der ganzen Welt gehen, wenn mal für eine Saison die Kaffeebohnen nicht reifen würden? Das würde sicher zu enormen Umwälzungen führen.
Es ist wirklich spannend diese vermeintlich kleinen Bindemechanismen der Gesellschaft zu beobachten und diese zu leben. Italien, ich liebe deine Bars!!!
Vor meinen Augen breiten sich riesige Weinberge aus mit den typischen Häuschen in der Mitte und den von Zypressenalleen eingerahmten Auffahrten. So sah es sicher auch schon bei den Römern aus. Ich komme schnell und gut voran. Leider entdecke ich am Horizont wieder dunkle Wolken aufziehen. Es ist aber auch verflixt. :-( Ich komme noch weitere 10 km bevor mich der erste Tropfen hart an der Nasenspitze erwischt. Nein, nicht schon wieder. Wie oft soll ich dieses Spiel denn noch mitmachen? An Regenschauer auf dem Rad werde ich mich wohl nie gewöhnen. Ich erreiche gerade noch Vincenzo, als sich die Himmelstore öffnen und sich Rinnsale auf den Straßen ausbreiten. Eine Gruppe Einheimischer beobachtet mich wie ich, die Pause nutzend auf offener Strasse ein Müsli löffle. Was die sich wohl wieder denken? Ich grüble. Was soll ich denn nun machen? Im Regen weiterfahren? Das macht doch wirklich keinen Sinn. Selbst die Wettervorhersage aus der Zeitung sagt nichts Gutes voraus.
Ich schaue auf meine Karte und überlege was ich nun mit dieser Situation anfangen soll.
Nach langem Hin und Her entscheide ich mich dazu wieder den Zug zu nehmen. Nur dieses mal fahre ich nicht mehr weiter gen Süden, sondern kaufe mir ein Ticket nach Florenz. Da wollte ich auch schon immer mal hin. Spontane Planänderung. Gute Übung.
Das hat ja auch keinen Sinn weiter durch die nasse Toskana zu fahren. Beim Einstieg in den Zug breche ich mir beinahe meinen Fuß. Wer zum Henker kann erlauben solch komplizierte Einstiege in den Zug und das auch noch für das Radabteil zu konstruieren? Setzen, Sechs - wäre meine Antwort gewesen. Jeder auch nur halbwegs eingeschränkte Mensch wäre hier komplett aufgeschmissen. Dennoch finde ich meinen Platz und fahre innerhalb von 1 h die Strecke zurück, die ich mir in den letzten eineinhalb Tagen mit meinem Liebling erfahren habe. Wahnsinn, wie schnell doch unsere Fortbewegungsmittel sein können. Als ich in Florenz ankomme und um 13 Uhr das Touristeninformationszentrum schon geschlossen vorfinde kann ich nur den Kopf schütteln. Ihr habt zwar den besten Kaffee der Welt, aber ansonsten klemmt es an vielen Ecken und Enden. Immerhin bin ich in Florenz, eine der meist besuchtesten Städte Europas. Die meisten würden nun ihr Smartphone zücken, doch ich weigere mich noch hartnäckig mir ein solches zuzulegen. Die gute alte Technik, mit Menschen reden und diesen Fragen zu stellen funktioniert ja Gott sei Dank noch, nur dauert diese mindestens doppelt so lange. Dafür lerne ich wieder die Stadt kennen auf meiner andauernden Suche nach einem geeigneten Hostel. Schließlich finde ich eines und lege mich dankend auf eine Matratze. Tolle Erfindung, selbst für Italien. ;-)


Florenz