Re: In drei Tagen um die Dolomiten

von: touromat

Re: In drei Tagen um die Dolomiten - 19.12.14 09:11

Ich sollte das jetzt langsam mal zum Abschluss bringen, viel gibt es ja auch nicht mehr zu sagen. Schließlich geht es hier um einen Kurztrip und keine epochale Abenteuerreise.

Also nun noch in Drei Tagen um die Dolomiten – Tag 3:


Samstag – 31.05.2014 – Levico Terme – Franzensfeste - 162 km – 1200 hm.

Vom heutigen Tag erwarte ich nicht allzu viel. Den größten Teil der Strecke kenn ich schon. Er dient hautsächlich der Rückfahrt zum Ausgangspunkt.

Leider komme ich spät weg, weil es erst ab 8:30 Frühstück gibt. Keine Frühaufsteher hier. Heute ist das Wetter schön und es ist angenehm warm.

Der direkte Weg würde direkt hinunter nach Trento führen, aber ich habe irgendwo gehört, dass das mit dem Fahrrad ziemlich kompliziert sein soll. Dem gehe ich ganz einfach aus dem Weg, indem ich über Caldonazzo und Calceranica Richtung Mattarello fahre. Dies beschert einige zusätzliche Höhenmeter.

Am höchsten Punkt zweigt ein kleines Sträßchen ab, auf einem Schild steht irgendetwas von Panorama oder so ähnlich. Das will ich sehen, also nehme ich den Abstecher mit. Besonders berühmt scheint es aber nicht zu sein, ich begegne hier sonst niemandem. Während der Auffahrt bieten sich einige Ausblicke auf die Seen und das Val Sugana. Weiter oben endet die Straße dann unspektakulär im Wald, es gehen nur noch Wanderwege weiter. Also ein Bildchen knipsen und zurück und in die schöne Abfahrt ins Etschtal.



Ausblick vom der „Panaoramastrasse“ auf den Lago di Caldonazzo





Etschtal



Hier komme ich dann direkt auf den Etschradweg und werde problemlos durch Trento geleitet; der Etsch entlang, bis auf einen Haken, der wohl ein Industriegebiet umgeht. Trient wäre sicher auch eine Besichtigung wert, aber leider fehlt mir heute etwas die Zeit. Hier habe ich vor vielen Jahren auf meiner ersten längeren Radtour mal genächtigt und es wäre sicher interessant, ob man sich noch an etwas erinnern könnte. Das nächste mal vielleicht.

Weiter auf dem Etschradweg. Ich suche nach einer Einkaufsmöglichkeit, aber hier direkt am Radweg gibt es nichts. Ich fahre umständlich und mit Umwegen durch verschiedene Dörfer, aber Laden gibt es keinen. Ich habe Sorge, dass bald wegen der Siesta alles geschlossen sein wird. Dann aber in San Michele gibt es einen gut sortierten Supermarkt fast neben dem Radweg; die Mittagsverpflegung ist gesichert und wird auf einer schönen Bank an der Etsch umgehend seiner Bestimmung zugeführt.

Manche bezeichnen den Etschradweg als langweilig und wenig attraktiv. Ich bin da anderer Meinung. Sicher hat er auch seine Längen, aber er ist top ausgebaut und so kommt man auch sehr gut vorwärts. Es bieten sich auch immer wieder mal Ausblicke in die Berge, oder im Frühjahr auf blühende Obstbäume.



Feudale Radwegbrücke über die Etsch



Die Salurner Klause empfinde ich – von der anderen Richtung kommend - immer irgendwie als Einfahrt in den mediterranen Süden. Und ich habe den Etschradweg schon öfter mal als sehr praktische Verbindung zu den Pässen östlich und westlich der Etsch genutzt. Und die Autostraßen im Tal machen hier wirklich keinen Spaß; hier drängt sich der ganze regionale Verkehr. Allerdings kann ich mich auch an Fahrten mit starkem Gegenwind erinnern. Das wird dann zur körperlichen und mentalen Belastung.

Heute ist es aber windstill und ich rolle gemächlich gen Norden. Die Durchfahrt von Bozen gestaltet sich einfach. Es ist alles gut für Radler beschildert, man muss nur der Beschilderung Eisackradweg folgen. Überhaupt ist Bozen eine schöne Stadt, es gibt überall gepflegte Radwege und man fühlt sich wie ein gleichwertiger Verkehrsteilnehmer. Das Verkehrsgewirr zwischen Bozen und Blumau, wo sich die Trassen sämtlicher Verkehrsadern auf engstem Raum treffen, wird elegant auf dem Radweg hinter sich gelassen. Der Radweg ist sehr schön und sehr aufwendig angelegt, was bei den beengten Platzverhältnissen im engen Tal sicher nicht ganz einfach war. Vielen Dank dafür.



Eisackradweg



Es geht durch Klausen, sehr sehenswert und stark von Touristen, Radlern und Spaziergängern frequentiert Hier gibt es einen schönen Biergarten, aber der ist brechend voll und es warten schon Leute, bis Plätze frei werden. Sehr schade, dann halt nicht, das hätte gerade gut gepasst.



Klausen



Ich sehe mir noch Brixen an, oft mit dem Auto daran vorbeigefahren, aber bisher noch nie besichtigt. Es lohnt sich auf jeden Fall. Leider finde ich keine Einkehrmöglichkeit, die mir zusagt. Sicher kommt außerhalb noch ein schöner Gasthof mit Biergarten. Kommt er aber nicht. Oder ich finde ihn nur nicht.



Brixen





Brixen



Wenige Kilometer nach Brixen verliere ich den Radweg, oder auch nicht? Es gibt zwar immer wieder mal Schilder, aber keinen passenden Radweg dazu? Ich stehe rätselnd in der Pampa und wundere mich über die angebotenen Holperwege, die vielleicht mit dem Mountainbike Spaß machen würden.

Wer hat sich das ausgedacht? Zig Kilometer beste Radwege und dann auf einmal nur noch Bike-Pisten?

Ich habe die feste Absicht, den Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, falls er mir zufällig in dieser abgeschiedenen Wildnis über den Weg laufen sollte. Würden ich einem Förster oder einem Pilzsammler begegnen, würde ich wenigsten den anpöbeln, obwohl ich ja weiß, dass der nichts dafür kann. Würde ich einem Jäger begegnen, würde ich anders handeln. Denn der ist ja schließlich bewaffnet. Mit einem Gewehr und einem Hund. Vor dem Gewehr hätte ich keine Angst. Aber vor dem Hund. Jedenfalls ist hier Niemand. Also bleibe ich auf meinem gerechten Zorn sitzen und kann niemanden großzügig daran teilhaben lassen.

Irgendwann finde ich die Bundesstraße wieder. Leider gab es immer noch kein Abendessen. Ich komme an einer großen Tankstelle mit angrenzenden Bistrotischen vorbei. Ich lasse mich von dem Ambiente mit Blick auf die Zapfsäulen und dem Geruch von Benzin betören und bestelle ein Getränk. Zu Essen gibt es aber nichts mehr, nicht einmal einen Leberkässemmel. Lukullische Offenbarungen hätte ich hier nicht erwartet, aber gar nichts? Ich hole mir im Shop ein paar Kekse. Selbst die erscheinen schlechter als anderswo, aber ich bin jetzt eventuell etwas voreingenommen.

Während ich auf den trockenen Keksen herumkaue denke ich darüber nach, wie es mir trotz der legendären Südtiroler Kneipendichte gelingen konnte, hier an dieser Tanke zu landen. Pech oder Blödheit? Oder eine Mischung aus beidem? Leider kein gelungener Abschluss der ansonsten schönen Tour.

Auf der Bundesstraße fahre ich absolut problemlos nach Franzensfeste und sehe zu meiner völligen Überraschung das Auto unaufgebrochen und unversehrt auf mich warten.

Schön.