Re: Yörük-Nomaden, Teil 2

von: Radreisender

Re: Yörük-Nomaden, Teil 2 - 01.09.14 23:58



Wir sind zum Essen eingeladen. Was hier nicht fotografiert ist, ist eine mir unvergessliche Szene. Ein kleiner Junge von vielleicht vier Jahren stellt sich vor seinen riesigen Hund und blickt zu uns und dieser Blick sagt, ihr könnt passieren. Es kann euch nichts passieren. Was für ein Anblick. Den werde ich nie vergessen.



In der Hütte wird uns richtig eingeheizt. Erst der Ofen und dann im Spiel.



Ein Mädchen hat sich an der Schläfe verletzt. Ich hole mein Desinfektionswundspray und schenke es der Familie. Plötzlich stehen alle auf und gehen. Ich weiß gar nicht warum und anscheinend wohnen sie auch nicht hier. Es sind ganz andere Leute, die jetzt ihr Haus betreten und draußen bei den Tieren waren.

Draußen betrachte ich wieder diesen wunderbaren Sternenhimmel. Die Milchstraße funkelt. Eine Sternschnuppe. Hell wie ich sie noch nie zuvor in meinem Leben gesehen habe. Ich denke an die Hirten von Bethlehem.

Die Glocken und Geräusche der Tiere begleiten mich in die Nacht. Kinderlachen bis tief in diese hinein.




Morgendlicher Blick aus dem Zelt



Toilette, sehr reinlich



Mein Nachbar war die Nacht draußen bei den Tieren



Sein Teewasser



Wir bauen die Zelte ab und frühstücken heute woanders.



Wir fahren um einen Berg herum und finden wieder Nomaden.



Nuzhet lernt sie alle kennen. Sie haben auch schon von ihr gehört. Die Bilder, die ich mache, bringt sie nächsten Winter in ihre Dörfer.

Wir frühstücken beim Ala Göl. Bisschen unwegsam dahin. Aber unsere Radler fahren mit 20 Stundenkilometern. Sind fit wie ein Turnschuh.

Dort frühstücken wir und verbringen ein paar Stunden.









Weiter oben ist noch ein See und Schneereste. Normal ist mehr vom See und Schnee zu sehen.





Nuzhet liebt die Berge und diese Landschaft



Die letzten Kilometer. Da stürzt Hakan. An Beinen und Hand verletzt wird er zum Arzt gefahren. Am Vorabend hab ich mein Desinfektionswundspray verschenkt. Nun fahre ich sein Mountainbike und ich zittere dabei. Den Sturz habe ich gesehen und stehe unter Schock. Und dann sind wir auch schon bei Salim Canatan, dem letzten Nomaden auf unserer Tour. Hakan ist wirklich auf der Zielgeraden gestürzt.



Blick auf unsere letzte Nomadenfamilie, bei denen wir übernachten werden. Wir schlafen im linken Zelt.





Salim beim Wasser holen. Der Brunnen ist etwas abseits.



Bei uns scheint die Sonne, unten regnet es.



Bergvögel



Toilette mit Panormablick



Besagter Panormablick





Die Familie sind Vollnomaden. Das heisst, sie leben das ganze Jahr im Zelt, auch im Winter.



Der Platz heißt Karadag (Schwarzer Stein).





Die Ziegen werden gemolken



Danach die Butter geschlagen. Das ist anstrengende Frauenarbeit.



Stromversorgung





Einem König gleich sitzt der Nomade auf seinem Canape und blickt auf die Welt hinab dort unten. Jetzt sehen wir die Regenwolken, der Regen fällt dort unten. Später in der Nacht schaut er auf ein Lichtermeer. In seinem Yörük-Zelt brennt nur eine Glühbirne. Ein schwaches Licht. Ein starker Ausblick.

Im Schein besagter Glühbirne übt der kleine Semih das Lesen. Ich gebe ihm meine Stirnlampe, das macht die Sache gleich spannender. Und damit er besser sieht. Wir lesen beide ungefähr gleich gut. Eine Kindergeschichte. Im Gegensatz zu mir weiss er aber was er da liest.

Galip, sein älterer Bruder bekommt am nächsten Tag etwas zu Essen mit. Er wird den ganzen Tag draußen bei den Tieren sein.

Die Kinder sind auch nur während der Ferien hier. Romantik ist das nur auf den ersten Blick. Und nur für uns.



Semih treibt mit seiner futuristischen Spielzeugpistole die Ziegen vom Pferch auf die Weide.



Der Sound der Berge









Auch sie sind die letzten Nomaden in ihrer Familie.

Wir kehren wieder zurück in die unsere Welt. Ganz langsam. Die Räder auf dem Auto. Und die Räder an unserem Auto lassen sich nicht mehr richtig lenken. Wir sind glücklich. Es ist am Ende unserer Reise und nicht mitten in den Bergen passiert.

Nach über einer Woche in einer einsamen und wunderschönen Bergwelt ohne Verkehr, Telefon und Internet ist es ein fast unangenehmes Gefühl in die Hitze und in das Getöse einer Großstadt wie Mersin zurückzukehren.

Doch hier gibt es etwas, dass es dort oben in den Bergen nicht gibt: medizinische Versorgung. In dem erst vor wenigen Monaten in Betrieb genommenen Uni-Klinikum wurde meinen anhaltenden Bauchschmerzen mit einer Magenspiegelung auf den Grund gegangen. Die dort gefundene Entzündung medikamentös behandelt.

Das Kennenlernen dieser kargen schönen Bergwelt mit seinen Nomaden - ich selbst bin mittlerweile ja einer von ihnen - war eines der Höhepunkte meiner bisherigen Reise gewesen.

Hier gehts es zurück zum 1. Teil meines Reiseberichtes.