Re: Deutschland: Wie und wo wild campen?

von: veloträumer

Re: Deutschland: Wie und wo wild campen? - 30.05.13 21:30

In Antwort auf: Martina
In Antwort auf: veloträumer

@ HvS: Das Problem wildvagbundierender (Reise-)Radler, die unser Land schmarotzend ausnehmen, ist vernachlässigbar gering und ich sehe auch keine Wachstumszahlen wie and er Börse.


Ich habs schon mal in einem anderen Zusammenhang geschrieben: ob eine Sache in Ordnung ist oder nicht hängt in keinster Weise davon ab, wieviele sie machen. Ich finde es im Gegenteil ganz besonders dreist, damit zu argumentieren und damit implizit zuzugeben, dass man letzlich davon profitiert, dass die meisten Leute eben *nicht* alles nicht Abgesperrte für frei zu benutzendes Allgemeingut halten. Unter diesem Aspekt finde ich die Wortwahl Schmarotzertum gar nicht so verkehrt.

Die Abgrenzung ist ja keineswegs eindeutig und auch die Wertung darüber umstritten. Gesetze geben auch nie den 100%gen Volkswillen wieder, sondern zeigen nur ein Ordnungssystem, dass immer in Teilen auch in Bewegung ist. Manches, was gestern verboten war, wird irgendwann liberalisiert, weil es nicht mehr zeitgemäß ist usw. Mit den Ordnungswidrigkeiten hier ist es ein wenig wie mit den Verkehrsregeln: Es sind Regeln, die notwendig sind, um gewisse große Verkehrströme zu regeln. Es sind keine elementaren Gesetze (es geht nicht um grundlegende Moral!). Ampeln werden da aufgestellt, wo die normalen Vorfahrtsregeln nicht mehr ausreichen usw. Manche Bereiche sind dann zu bestimmten Zeiten und in bestimmten Situationen überreguliert. Das Beispiel der roten Fußgängerampel, die um 22 Uhr abgeschaltet wird, habe ich schon vor Zeiten hier mal erwähnt. Vor 22 Uhr muss der Fußgänger dem Lichtzeichen gehorchen - unabhängig vom Verkehr, nach 22 Uhr muss er selbstständig denkend die Straße überqueren. Ob es aber tatsächlich Sinn macht, auch um 21:59 Uhr oder auch um 21:45 Uhr das einzufordern, wenn keine Auto zu sehen ist, stelle ich in Abrede.

Wer mit dieser mangelnden Regeltreue nicht leben kann, mag so leben, es ist aber kein moralischer Malus, dass es andere nicht so tun. Entsprechendes gilt auch für die hier angesprochene Art des Biwakierens. Es macht sehr wohl einen Unterschied, wenn 1-2 Personen pro Jahr an 365 Tagen im Jahr an einer von 50 Bushaltestellen übernachten, die es in einem mal fiktiv angenommen Regionalverkehrverbund geben soll. Wen man damit schädigt, wenn jemand an einer Bushaltestelle nächtigt, will mir nicht recht einleuchten. Hätte ich das Zelt z.B. in die hochstehende Wiese nebenan gesetzt, wäre es wohl noch schlimmer gewesen - so wie hier der Schwarzwaldlandwirt gepostet hat? Zumal: Wo ist jetzt der Unterschied zum klassischen Obdachlosen, muss ich da als Radler andere moralische Maßstäbe anwenden? "Penner" wird toleriert, nicht aber Radler mit Nobelrad? Oder kommen jetzt die Leute aus den Büschen - endlich mal aufräumen mit dem ganzen Gesindel? verwirrt

Hier auch nochmal mein finanzielles Argument - es ist mir nicht peinlich, allenfalls für die anderen, die hier große Sprüche klopfen (können): Das letzte "Bushalte"-Biwakieren habe ich gemacht, nachdem ich im Gasthof ein Angebot zu 55 Euro (inkl. Frühstück) erhalten hatte. Für 40 Euro hätte ich wohl angebissen. Mal im Ernst: Glaubst du, ich würde mit großer Begeisterung solche Plätze belegen? Möchtest du mit mir tauschen? Ist es ein Grund, auf diese Art Schmarotzer neidisch zu werden? Gewiss hat jeder eine andere Motivation, ich wiederhole aber nochmal: Es ist sehr wohl eine Sache von Umfang, Art und Häufigkeit, ob Menschen sich nicht immer konform der scheinbar "unverrückbaren" Regeln verhalten.