Re: Rad und Bahn in Frankreich: neues von der SNCF

von: veloträumer

Re: Rad und Bahn in Frankreich: neues von der SNCF - 23.04.08 20:43

Oh ho ho - hört noch, was steht geschrieben nun im 3. Buch Moses, Kapitel TGV auf Mehdorn-Line, Abschnitt Kooperation mit SNCF - und nehme gleich ein Glas Rotwein avec fromage in die Hand, damit die biblische Romanerzählung erträglicher wird.

Also, die Franzosen konnten das Sonderangebot nicht finden - daher nun heute zum DB-Schalter für das Europa-Spezial à 19 € plus Velo-Reservierung für TGV für die Strecke Strasbourg - Stuttgart am 21. Juli. Für den Vorgang bringe man eine Stunde Zeit mit und viel Geduld und vielleicht ein wenig Humor. Nach 20 Minuten warten kam ich dran - war halt ungünstige Stoßzeit offenbar. Die Buchung dauert dann aber knapp doppelt so lang. Immerhin: Ich habe das Ticket party - und das geht so:

Ich konnte die Buchungsvorgänge einsehen, weiß also was auf dem Bildschirm erscheint. Das Euro-Spezial auf die Person - sofort okay. Das Fahrrad (im Menü steht übrigens Fahrrad oder Tandem - d.h. Tandem ist auch zugelassen!) angeklickt - und das System verweigert die Annahme. Die erste Vermutung der hübschen DB-Angestellten: Ausgebucht. - Das kam mir bekannt vor von den Franzosen am Vortag.

Merke: Wenn ein Bahnmitarbeiter sagt: "Geht nicht!" - Höre nicht hin, jetzt geht es ja erst los. Also die Dame ins Nebenzimmer - ein "Radspezialist" versucht es hinter der Kulisse - Buchung des Fahrrads ebenfalls fehlgeschlagen. Die Dame ist aber nett und geduldig, versucht einen anderen Weg - und siehe da - die Fahrradkarte kann gedruckt werden. Ich zahle schon mal 29 Euro - doch irgendwie ist bei dem Vorgang kein Stellplatz fürs Velo gebucht worden. - Die Dame ist sich unsicher, geht nochmal hinter die Klissen zum Experten - und? - ja, alles Luftbuchung, geht nicht - ohne Radreservierung kann ich nicht fahren.

Ich gebe mich nicht zufrieden, der Spezialist taucht auf und erklärt - das System spinnt. Er hat alternative Termine ausprobiert - meistens geht es, aber nicht an meinem Reisetag. Hängt natürlich an den Franzosen, denn TGV-Buchungen laufen nicht über das deutsche Buchungssystem, sondern über das der Franzosen. Das deutsche empfängt dann nur die Rückmeldungen des französischen Systems. Früher nannte man sowas Vernetzung, heute heißt das Wirrwarr.

Nun, ich könnte auch noch einen Tag Urlaub mehr nehmen und gleich von Strasbourg nach Stuttgart zurückradeln - aber so sollte es ja nicht sein. Der Spezialist wandert wieder hinter die Kulissen, will es nochmal versuchen. Die Dame möchte auch nicht nur Rumsitzen und versucht es erneut - und siehe da: es klappt! - Warum weiß keiner. - Gleich zum Spezialisten - der hat mittlerweile auch erfolgreich gebucht - Warum weiß auch er nicht.

Jetzt habe ich einmal bezahlt, drei Personenbuchungen und zwei Velo-Reservierungen. Ein bisschen viel für einen Radler - die überschüssigen Buchungen werden rückgängig gemacht - und dann fließt Geld: Von der Dame bekommt der Spezialist 19 Euro, damit seine Buchung relevant wird.Die 10 Euro fürs Velo darf die Dame behalten. Klingt irgendwie altertümlich, aber ist eben moderne Bahn.

Mit dem Spezialisten tausche ich noch ein paar Gedanken zur Bahn mit Radlern aus - sage ihm, dass es wohl noch 100 Jahre dauern wird, bis man problemlos mit Rad mit der Bahn resien kann... - "Nein," wendet er ein, "eher werden künftig keine Räder mehr mitgenommen." - Er meint, die Radbuchungen würden soviel Probleme mitbringen, auch die staatlich subventionierten Nahverkehrsangebote würden nur Ärger verursachen - Prügeleien, wer darf ins volle Radabteil usw. Ein Pessimist also in Sachen Radmitnahme im Zug.

Die Dame stellt erschöpft das Schild "geschlossen" auf ihren Tresen, der Spezialist wünscht mir gute Beine für die Radtour - und ich bin trotz "Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht" rundum erleichtert - so einfach ist die Sache mit dem Glück.

Und was immer ein Chaos das Bahn-System - gleich in Deutschland oder Frankreich - auslöst, es gibt auch Postitives: Die Mitarbeiter zeigten sich in allen Fällen als geduldig und hilfsbereit - auch wenn sie nicht alles verstehen können, was ihnen da in das System gestellt wird.

"Und sie bewegt sich doch ..." - so sagte ja bereits Galilei Galileo über die Bahn. zwinker