Re: Rad und Bahn in Frankreich: neues von der SNCF

von: tobi-vacances

Re: Rad und Bahn in Frankreich: neues von der SNCF - 07.04.08 09:59

Man könnte meinen, dass du ein Pressesprecher der europ. Bahnen bist.
- keinefalls, aber jemand, der sehr viel mit frz. Bahnen unterwegs ist und dabei die Erfahrung gewonnen hat, niemals einen Fahrschein über die dt-frz. Grenze hinweg zu kaufen, weil man fast immer drauflegt – ungeheuerlich drauflegt – und diese Erfahrung wird immer wieder durch die Realität erweitert – im letzten Sommer riet ich einer Frau, sie solle keinesfalls nach Mannheim „durchlösen“ – als ordentliche Deutsche tat sie es dennoch und zahlte gut 100 Euro mehr, als es gekostet hätte, wenn sie 2 Fahrschein, nämlich einen deutschen und einen französischen gekauft hätte.

Da sind jetzt einige ungewöhnliche Ansichten: In den Zug setzen (oder auf das Rad), um ein Ticket zu kaufen - das ist auf der Höhe der Zeit?
- nein, die frz. Bahn hat einen hervorragenden, besser und anonymer funktionierenden Service über das Internet, Telefon, Post, lokale Verkaufsstellen (selbst eine in Köln) u.a. mehr, so dass man sagen kann, der Ticket-Verkauf in Frankreich klappt wesentlich besser als in Deutschland (du bestätigst das später auch an anderer Stelle)

Bedenke mal, welche Reisekosten bei einer Hin-/Rückfahrt nach Köln entstehen - wenn man nicht gerade in Pedalweite wohnt.
- Ist nicht bekannt, dass die Strasbourger Bahnhöfe offiziell in deutscher Sprache Auskünfte (auch telefonisch) geben und dass man dort auch leicht auf Deutsch einen Fahrschein kaufen kann? Aus Stuttgart liegt Strasbourg fast in Pedalweite, denn der KVV fängt in Bietigheim-Bissingen an und geht bis nach Achern - dann noch ein Fahrrad, um man hat einen Super Ausflug erlebt… - nach Wissembourg kommst du sogar ohne Fahrrad, bis an den Schalter eines deutsch sprechenden Bahnangestellten – man sollte dann allerdings noch dort bleiben und z.B. Flammkuchen essen…

Auch eine Fahrt nach Wissembourg so einfach mal als Ausflug am Samstag dürfte einem Dresdner oder Chiemgauer schwer fallen.
- ja, die sollen dann das Internet benutzen (alle frz. Seiten sind in deutscher Sprach verfügbar)

Mit der Bahn zahlst du dann mehr für die Fahrt zum Ticketlösen als für das eigentlich gewünschte Ticket selbst - mit dem Rad geht's schlicht nicht. Ich könnte hin und zurück nach Strasbourg z.B. in zwei Tagen - da musst du dann aber auch eine Übernachtung dazurechnen.
- dann kommst du aber nicht aus Stuttgart! (Vielleicht habe ich mich da verlesen)

Generell ist es wohl anachronistisch, wenn sich über die nationalen Bahnen - egal ob DB, SNCF usw. - nicht alle Tickets in die Nachbarländer ordern lassen.
- Wir alle warten auf das Sterben der heute 70-jährigen. Dies ist eine politische Diskussion, die vor 10 Jahren mit Rücksicht auf die damals 60-jährigen begonnen wurde. Es gibt dort ein (für mich als damals 35-jährigen) merkwürdiges Problem, das man aber nicht wegdiskutieren kann: wenn die „Vereinigten Staaten von Europa“ gegründet werden sollten, hätten all diejenigen ein Problem, die sich dann fragen würden, wozu der Vater oder Großvater denn in den Krieg gezogen wäre, wenn jetzt sowieso alles zu einem großen Staatsgebilde würde. Du sieht aber, mit Präsident, Außenminister der EU, Stärkung des Parlamentes usw. wird der Kurs weiter gefahren und dann, wenn der letzte Vertrieben mit seinen Kindern und Enkeln von der bedeutungsschwangeren Nach-Nazi-Ebene verschwunden sind, wird der Anachronismus der (jetzt noch) nationalen Bahnen überwunden sein. Versprochen!

Das problemlose Reisen in Europa wird ja auch von den Bahnen stark Beworben,
- …aber nicht zu günstigen Preisen, sondern nach dem Motte „jeder zockt ab, was er nehmen kann“ – leider!

Radmitnehmen auch
- Rad mitnehmen nicht, versuche einmal, ein Rad von Frankfurt oder Köln aus mitzunehmen: du wirst glanzlos scheitern. Einziger Trick ist nun, mit dem IC nach Luxembourg, dann mit dem TGV weiter (Zwischen Luxembourg und Frankreich gibt es quasi keine Probleme…)

nicht zu vergessen das Globalisierungsgequatsche von Managern. Das erinnert mich auch an die die überzogenen grenzüberschreitenden Bankgebühren, die die Banken Jahrzehnte aufrecht erhalten haben - jetzt hat man sie doch zur Einsicht gezwungen (dazu braucht es offenbar aber immer Druck von außen). Nun, es soll ja noch die Hotlines geben (ich hoffe, die gibt's noch - auf der SNCF-Seite stehen sie nicht, nur beim ADFC u.a.).
- Ich habe noch nicht festgestellt, dass der ADFC schneller, besser, umfangreicher oder sonst was wäre, im Vergleich mit anderen Regionen Europas. Bei der SNCF gibt es eine umfangreiche Broschüre, in der alle Züge stehen, die Fahrräder mitnehmen (unabhängig davon, dass fast alle TER kostenlos Räder transprotieren)

Radmitnahme in Frankreichs Fernzügen: Ja gibt es, ein Ruhmesblatt können die Franzosen damit auch nicht gewinnen. Viele Verbindungen werden per TGV mit Radmitnahme gar nicht bedient. Bleiben nur die Nachtzugverbindungen (Corail Lúnea), die alternativen Corail Téoz fallen meist auch weg. Viele Verbindungen stehen und fallen damit mit einer einzigen zumutbaren Verbindung - endlose Möglichkeiten dagegen für den Laptopträger.
- Laptop in einer Tasche, geht. Fahrrad verpackt, geht immer, kostet nie etwas! Verpackung kostet irgendwie 10 Euro, braucht so viel Platz wie eine zusammenknautschbare Regenjacke und kann immer wieder verwendet werden. Problem für dt. Radwanderer ist aber meist das Gepäck. Wer es also fertig bringt, Rad und Gepäck kurzzeitig zu trennen (wäre auch im Fahrradbus notwendig), der kann, mit einer billigen Plastikverpackung, sein Fahrrad immer und überall als Handgepäck mitnehmen (auch im TGV, und das Bahnpersonal kontrolliert gar nicht so scharf wie in D, weil jeder seinen Fahrschein schon vorher selbst entwerten muss – es würde sehr teuer, diesen Fahrschein nicht zu entwerten, weshalb dann, wenn der Kontrolleur durchkommen kann gilt, dass auch jeder andere durchkommen kann und somit auch eine lustig improvisierte Verpackung fast immer akzeptiert wird).

Die Traumlage Stuttgart: Es gibt derzeit drei TGVs am Tag, die nach Paris fahren. Die Zeiten für Mo-Fr und Wochenende sind unterschiedlich.
- Morgen, am Dienstag fahren 4 durchgehende (3 Stunden 40) TGV nach Paris, plus Nachtzug, plus mindestens 1 genauso schneller Zug über Mannheim, plus einige Umsteigeverbindungen…

Das Resultat sind oft fehlende Anschlussverbindungen an die Nachtzüge ab Paris oder Strasbourg - es sei denn man opfert einen zusätzlichen halben Tag. Wozu brauche ich einen TGV, wenn ich mittags um ca. 13 Uhr losfahren muss, um abends um ca. 22 Uhr einen Anschlusszug zu erreichen? - Ab Straßbourg fahren die TGVs weitgehend stündlich, von Stuttgart nach Strasbourg mit Radmitnahme ohne TGV ist aber eine halbe Weltreise.
- Zusammenfassend: die Brücke über den Rhein ist eine Nachkriegsbaumaßnahme, noch nicht zweigleisig, nicht für den Schnellverkehr geeignet und die Strecke nach Appenweier ist überhaupt keine Schnellzugstrecke! – Gleiches lässt sich über die Strecke Mannheim – Saarbrücken – Anschluss TGV-Netz sagen! Es gibt noch mehr Lücken im deutschen Schienennetz…
- entweder Straßburg oder Strasbourg – der Franzose kennt, wie auch der Schweizer, kein ß!


Übersicht/Liberalisierung: Ja, es ist manchmal mühsam komplex, darum geht es mir aber in erster Linie nicht. Eine gewisse Preistransparenz ist Voraussetzung für das Funktionieren "freier Märkte" (Ceteris-paribus-Bedingungen, Grundlagen der VWL).
- Ganz meiner Meinung: ein volkswirtschaftlicher Ansatz wäre eine Lösung. Die deutsche, privatisierte Bahn will aber betriebswirtschaftlichen Grundsätzen folgen, die offensichtlich keinen Anschluss an andere, europäische Bahnen vorsehen – leider... aber dies ist ein anderes Thema!

Die gezielte Verschleierung von Preisen (Billigflieger)
- klare Preisstruktur: früh billig, spät teuer
- Verschleierung geschieht durch andere Faktoren: warum gibt es z.B. nicht eine Konkurrenz mit dem Grundsatz früh teuer, spät billig (früher hieß das Last-Minute-Angebote, gab es in Amerika immer, in Europa nie…)

und nicht gewährte Lockangebote (DB) verstoßen gegen die kaufmännische Grundsätze.
- die Bahn verstößt gegen eine ganze Menge kaufmännischer Grundsätze, (bitte keine haltlosen Unterstellungen. Holger). Einrichtungen, wie ProBahn, kommen kaum noch mit Klagen hinterher. Wer weiß schon, dass ein Dauer-Spezial-Ticket nichts anderes ist, als ein Wochenendticket, das erstens auch in der Woche gilt und zweitens mit 19 Euro wesentlich günstiger sein kann, als ein Wochenendticket für 35 Euro…

Das Anzuprangern ist kein wehleidiges Jammern, sondern Recht und Pflicht des Kunden, wenn die Welt von Morgen besser sein soll als die von Heute.
- …aber nur, wenn Konkurrenz vorhanden ist, wenn diese zugelassen wird. Und wie sieht es bei der Deutschen Bahn aus? Wie gesagt, wechseln sie einmal den Verkehrsverbund, dann kommen sie von Bietigheit-B. nach Wissembourg für relativ wenig Geld. Ich nehme als Standard-Beispiel immer die Eifelstrecke Gerolstein – Düsseldorf: die kostet entweder 9 Euro oder 26 Euro, je nachdem, welchen Tarif sie am Automaten in (!) der Bahn auswählen und zahlen.

Preise: Ich gebe zu, dass ich dieses Jahr ganz besonders unter dem Druck stehe, ein "Schnäppchen" zu machen
- dann sollten sie ebay nicht vergessen, ich fahre am nächsten Sonntag für 2,03 Euro von Saarbrücken nach Paris…

deswegen ist die Planung natürlich noch etwas schwieriger. Gegenüber den letzten Jahren liegen sowohl Start- als auch Endpunkt der Reise weit außerhalb der deutschen Grenzen. Air France und Iberia habe ich auch schon miteinbezogen in meine Planung, hat aber auch keine Vorteile ergeben. Die An- /Abreiseorte sind übrigens die Côte Vermeile (möglichst per Bahn) und Nordwestspanien (nur mit Flug möglich) - oder umgekehrt.
- Hier fange ich normalerweise an, zu diskutieren!

Jetzt ist aber genug gejammert bei dem besch... Wetter - Grüße aus der Traumstadt, wenn man einen Stern vor dem Auge oder hinter sich hat.
- War aber sehr nett, und die halbe Stunde hat sich auch für mich gelohnt. Beste Grüße, Torsten