16. Tag: Kubanisches Leben

von: JohnyW

16. Tag: Kubanisches Leben - 11.05.07 19:38

16. Tag: Kubanisches Leben
Niquero - Manzanillo
Sonntag, 19. November (bewölkt)

So gut wie das Zimmer, so mager war das Frühstück. Bisher hatte ich jeden Morgen Eier bekommen, aber heute waren die plötzlich aus. Es gab nur Schinkenbrötchen, Toast in Zwiebackqualität und Milchkaffee. Wenigstens hatte ich etwas im Magen, als ich losfuhr. Obwohl die Strecke keinerlei Herausforderung zu bieten hatte, kam ich nur sehr schleppend voran. In Media Luna gönnte ich mir ein Malzbier und unterhielt mich kurz mit einem alten Seemann. Außer Zuckerrohr- und Bananenplantagen gab es nichts zu sehen. Ab und zu überholte ich mal eine Pferdekutsche oder wurde von einem LKW überholt, der Menschen von A nach B transportiert.
Unerwartet früh sah ich ein Schild nach Demajagua. Um nicht wieder eine Sehenswürdigkeit zu verpassen, bog ich ab und gelangte nach zwei Kilometern in den gleichnamigen Ort. Allerdings liegt die Farm Demajagua, die ich besichtigen wollte, drei Kilometer nördlich von diesem Ort. Obwohl mich jeder zurück zur Hauptstraße schickte, wollte ich die Farm auf direktem Wege über Trampelpfaden erreichen. Ich stellte mir das einfacher vor, aber der Weg gabelte sich sehr häufig. An einer Hütte fragte ich nach einem Kilometer bereits zum vierten Mal nach dem Weg. Der Kubaner ließ seine Arbeit stehen und liegen und begleitete mich zu einer Fahrspur, über die wieder zur Hauptstraße gelangte. Dort war die Farm Demajagua ausgeschildert.
Der sehr freundliche Führer des Museums „Museo Histórico La Demajagua“ empfing mich direkt am Eingang und bot mir einen Platz für das Fahrrad an. Anschließend führte er mich über das Anwesen von Carlos Manuel de Céspedes. Am 10. Oktober 1868 hob hier Céspedes die Sklaverei auf und begann am selben Tag den letztendlich erfolglosen ersten Unabhängigkeitskampf. Zu sehen gibt es von der ehemaligen Zuckermühle relativ wenig, da die Spanier das Anwesen vollständig zerstörten. Nur die Freiheitsglocke und ein paar Maschinenreste sind sehenswert. Zum Abschied lud mich der Führer zum Kuchenessen ein.
Einen Hügel später erreichte ich das Zentrum von Manzanillo. Ich fuhr zuerst zum Busbahnhof, um mich zu erkundigen, ob es eine direkte Busverbindung nach Sancti Spiritus gibt. Das funktioniert nur mit umsteigen in Bayamo. Hätte ich heute mehr Tempo gemacht, hätte ich die knapp 70 Kilometer bis Bayamo geschafft. Mittlerweile war es aber schon 15.30 Uhr. So checkte ich in die einzige Casa Particular von Manzanillo ein.
Frisch geduscht sah ich mir die wenigen Sehenswürdigkeiten von Manzanillo an. Auf dem Parque Céspedes wirkt der schöne, orientalische Musikpavillon etwas deplaziert. Die restaurierten Gebäude am Platz sind ebenfalls recht nett anzusehen. Anschließend schlenderte ich durch die Straßen zum Cecilia-Sánchez-Denkmal. Cecilia Sanchez war das soziale Gewissen der Revolution und hatte immer ein offenes Ohr für die Probleme der Bevölkerung. Auch heute wird sie noch hoch verehrt. Das Denkmal ist eine verzierte Treppe. Die Wohnhäuser, welche dazu gehören, sind mit Gemälden geschmückt. Das ist eine komplett andere Art von Denkmal. Das Gesamtkunstwerk hat mich positiv überrascht. Vom oberen Ende der Treppe hat man einen guten Überblick über die Stadt. In den Gassen, mit zum Teil erbärmlichen Häusern, betrieben junge Kubaner Sport. Ich entdeckte durch Zufall die Feuerwehr und ging weiter zum uninteressanten Malecón. In dessen Nähe feierten die Einwohner ein Straßenfest. Ich schlenderte gemütlich über das Fest. Dabei entdeckte einen sehenswerten Oldtimer. Auf dem Fest probierte ich das cerdo asado (gegrilltes Schwein). Der Aufenthalt in Manzanillo hat mir recht gut gefallen. Diese Stadt liegt abseits der klassischen Tourismusrouten. Hier gelang es mir Kubaner bei ihren alltäglichen Beschäftigungen zu fotografieren. Das ist normalerweise eine meiner fotografischen Schwachstellen.
In der Pension gab es köstlichen Fisch zum Abendessen und ich beendete das zweite Buch. Ich hätte heute wieder einen Tag zum Zeitplan aufholen können. Jetzt hänge ich drei Tage hinterher. Irgendwie war in Kuba etwas der Wurm drin und so langsam musste ich mir Gedanken machen, was ich gegen Ende der Tour streichen würde.