12. Tag: Kultur pur

von: JohnyW

12. Tag: Kultur pur - 09.05.07 20:48

12. Tag: Kultur pur
Santiago de Cuba – El Cobre – Santiago de Cuba
Mittwoch, 15. November (sonnig)

Nach dem Frühstück verließ ich mit Josu die Casa. An der Moncada-Kaserne verabschiedeten wir uns. Er fuhr nach Niquero. Ich wollte am Vormittag die Kathedrale von El Cobre ansehen und am Nachmittag Santiago erkunden. Ich dachte, dass ich Josu eventuell nochmals wiedersehen würde, denn obwohl er weniger Gepäck dabei hatte, fuhr ich etwas schneller als er. Aber das würde sich noch zeigen. Die Strecke nach El Cobre war leicht. Es galt ein paar kleine Hügel zu überwinden und schon war ich dort.
Die Kathedrale „Basílica de Nuestra Señora del Cobre“ thront über dem kleinen Ort. Man folgt den zahlreichen Verkaufsständen mit christlichen Devotionalien, um direkt zur Kirche zu gelangen. Das Anziehen einer langen Hose und eines Sweatshirts hätte ich mir sparen können, denn kaum war ich in der Kathedrale, betrat ein anderer Radler im grellbuntem Radlerdress die Kirche. Auch die männlichen Kubaner hatten keine Scheu, die Kirche in kurzen Hosen zu betreten. Wirklich interessant waren eigentlich nur die zwei Schreine mit den Votivgaben, zum Dank für Wunder, für die die Jungfrau Maria verantwortlich sei. Die Kathedrale sieht recht hübsch aus, aber man muss sie nicht unbedingt gesehen haben. Ich gönnte mir zum Abschluss der Besichtigung eine Kokosnuss. Es ist ein Fehler nicht vorher nach dem Preis zu fragen. 1 CUC durfte ich für die magere Kokosnuss bezahlen. Total überteuert, aber ich hatte keine Lust lange rumzudiskutieren. So zahlte ich recht mürrisch.
Zurück in Santiago entschied ich spontan den Friedhof „Santa Ifigenia“ zu besichtigen. Um an keinem der interessanten und sehr schönen Gräber achtlos vorbeizulaufen, nahm ich mir einen Führer. Nachdem mir die prachtvollen Gräber gezeigt wurden, ging es zur Hauptattraktion, dem Grab von José Martí. Der Journalist und Schriftsteller war die herausragende Figur der kubanischen Unabhängigkeitsbewegung. Jedes Detail des Mausoleums hat eine Bedeutung. Die halbstündliche Wachablösung an seinem Grab zählt ebenfalls zu den Attraktionen des Friedhofes. Ich fotografierte noch ein wenig und fuhr zurück zur Pension.
Um 13.00 Uhr begann ich mit der Besichtung von Santiago. Mein erstes Ziel war die Cadeca Filiale, um Geld zu wechseln. Cadeca Filialen sind staatliche Wechselstuben. Hier kann problemlos Geld bzw. Travellerschecks getauscht werden. In größeren Städten haben diese Filiale auch sonntags geöffnet. Kubaner können hier auch Pesos Cubanos in Pesos Convertibles tauschen, um sich die Waren zu kaufen, die nur in der Devisenwährung erhältlich sind. Ausländer haben eine eigene Warteschlange, so dass die Abwicklung recht zügig erfolgt. Danach klapperte ich die Sehenswürdigkeiten der Stadt ab. Ich passierte, den in der Mittagshitze menschenleeren Platz „Plaza de Martí“, um zur Moncada-Kaserne zu gelangen. Hier begann am 26. Juli 1953 die Revolution. Der Putsch einiger Rebellen, unter ihnen Fidel und Raul Castro, gegen den Diktator Batista endete mit einer Niederlage. Die Gebrüder Castro wurden gefangen genommen und inhaftiert. Der Bergriff „Bewegung des 26. Juli“ ist heute ein Synonym für die Revolution. Die Kaserne besichtigte ich nur von außen und ließ das angeschlossene Revolutionsmuseum aus.
Ich suchte mir einen Weg über kleine Nebenstraßen in das historische Zentrum von Santiago. In der Altstadt fand ich zum ersten Mal eine richtige Einkaufsstraße. Aber Einkaufen stand nicht auf dem Programm. Ich schlenderte statt dessen lieber über den schattigen Platz „Plaza Dolores“. Dieser Platz ist gesäumt von vielen Bars und Restaurants und sicherlich die erste Adresse, wenn man abends ein Lokal sucht.
Ich gelangte zum sehr schönen „Palacio Provincial“, dem Sitz der Provinzregierung. Im Museum „Municipal Ernesto Barcadí“ dreht sich nichts um Rum, sondern hier werden Kunstgegenstände und viele Gemälde ausgestellt. Für den doppelten Eintrittspreis, durfte man durfte drei Ausstellungsstücke ablichten. Was für ein Nepp! Das Museum war nicht ganz mein Fall, obwohl interessante Gegenstände und schöne Gemälde ausgestellt wurden. Vor dem Museum spielte eine Musikcombo Son (kubanische Musik). Kuba, wie man es sich vorstellt.
Das Karnevalmuseum, dem ich anschließend einen Besuch abstattete, fand ich sehr interessant. Man gewinnt einen Einblick in die karibische Karnevalskultur und spürt förmlich die Freude der Menschen, bei solch einer Veranstaltung. Da ich mir jeden Abend einen selbstgemixten Cuba Libre gönne, durfte ein Besuch im Rummuseum natürlich nicht fehlen. Endlich mal keine Fotografiergebühr! Eine individuelle deutsche Führung. sowie eine Kostprobe eines vernünftigen Rums rundeten den Besuch ab. Ich notierte mir die Marke des Rums „Ron Anejo de Santiago“, denn ich musste mir ja ein Souvenir aus Kuba mitbringen. Mit den Kenntnissen der Rumherstellung im Kopf machte eine Pause. In einem netten Café trank ich ein Malzbier, für mich der kubanische Energiedrink.
Durch kleine Nebenstraßen, in denen man den einen oder anderen Oldtimer sieht, schlenderte ich zum Platz „Parque Céspedes“, mit der dominierenden Kathedrale „Catedral de Nuestra Señora de la Asunción“. Ich betrachtete die schön restaurierten Gebäude am Platz. Unter anderem das Rathaus „Ayuntamiento“, von dem am 1. Januar 1959 Fidel Castro den Erfolg der kubanischen Revolution verkündete. Hier sieht man die ganze Pracht der Kolonialbauten. Geht man allerdings zwei Blöcke weiter, entdeckt man extrem baufällige Gebäude. Ein ziemlich starker Kontrast. Ich wendete mich aber weiterhin den schönen Gebäuden zu und besichtigte das sehenswerte „Casa de Velázquez“. Das älteste Gebäude auf Kuba, vermittelt einen guten Eindruck, wie die spanischen Herren in der Neuen Welt lebten. Diese alten Kolonialbauten hatten mir schon in Santo Domingo (Dominikanische Republik) recht gut gefallen. Am Parque Céspedes, dem touristischen Zentrums von Santiago, kann man sich ein Oldtimer-Taxis oder ein Coco-Taxi nehmen, um auf diese Art die Stadt zu erkunden. Aber ich lief lieber und fotografierte die hübschen Fahrzeuge.
So langsam bekam ich Hunger und mit dem Stadtplan des Lonely Planets steuerte ich die nächste Pizzeria an. Für ein paar Pesos Cubanos stillte ich meinen Hunger und suchte den Balkon „Velázquez“ auf. Von dort hat man eine gute Sicht auf die Bucht von Santiago. Allerdings kämpfte ich am späten Nachmittag mit dem Gegenlicht. Jetzt stand nur noch eine Sehenswürdigkeit auf dem Programm, das Museum „Museo de la Lucha Clandestina“. Über die Stufen der „Padre Pico“ gelangte ich dorthin, aber dieses Museum wurde zur Zeit renoviert. Als Alternativprogramm stellten sich die Schulkinder zur Verfügung, die unbedingt fotografiert werden wollten. Von der „Padre Pico“ hat man einen schönen Überblick über Santiago. Damit endete mein Besichtigungs-Programm.
In der letzten Stunde mit Tageslicht schlenderte ich durch die Gassen, auf der Suche nach ein paar netten Fotomotiven, wie z.B. alten Autos. Ich wollte nebenbei meinen Nudelvorrat auffüllen, denn auf den nächsten Tagesetappen sind die Ortschaften recht rar gesät. Aber es gelang mir nicht. Nach Einbruch der Dunkelheit suchte ich die Telefongesellschaft auf, um ein erstes Lebenszeichen per Internet aus Kuba zu senden. 6 CUC pro Stunde für eine lahme Modemverbindung war verdammt viel Geld.
In der Casa gab es zum Abendessen Reis mit Bolognesesoße. Tanja wies mich daraufhin, dass die Soße Rindfleisch enthält. Rindfleisch gibt es für die kubanische Bevölkerung fast gar nicht. Kuba hat keine Devisen, um Milch zu importieren. Um Kinder und alte Menschen mit Molkereiprodukten versorgen zu können, versucht Kuba die Milchwirtschaft autark zu betreiben. Daher wird das Schlachten einer Kuh höher bestraft, als z.B. ein Mord. Rindfleisch bekommt man normalerweise nur in Touristenhotels und dient Kuba somit zur Devisenbeschaffung. Nach dem Abendessen las ich mein Buch zu Ende.