4. Tag: Die Radreise beginnt

von: JohnyW

4. Tag: Die Radreise beginnt - 10.04.07 20:37

4. Tag: Die Radreise beginnt
Gibara – Banes (83 km)
Dienstag, 07. November (sonnig/regnerisch)

Um 7.00 Uhr bestellte ich das Frühstück, da die Fähre über die Bucht von Gibara um 8.00 Uhr ablegen sollte. Das Frühstück war gut, konnte allerdings mit der Vielfalt des Hotels in Varadero nicht mithalten. Ich unterhielt mich mit den anderen wartenden Personen. Das Spanisch, das in Kuba gesprochen wird, unterscheidet sich ein wenig von dem Spanisch, das im Mutterland gesprochen wird. Ich musste mich erst an die verkürzten Wörter und die zum Teil sehr schnelle Sprechweise gewöhnen. Um 8.30 Uhr kam das Boot endlich an. Ein Bauer zeigte mir einen Skorpion im Glas, und dabei heißt es, dass es in Kuba keine gefährlichen Tiere gibt. Die schaukelnde Überfahrt dauerte fast eine halbe Stunde. Um 9.30 Uhr stand das Rad abfahrbereit auf der anderen Seite der Bucht.
Jetzt begann eigentlich erst die Tour. Die ersten Kilometer ging es auf einer verkehrsarmen Schotterstraße entlang, rechts und links nette Hütten. Die Straße war mit Hühnern und Hausschweinen gesäumt. So fuhr ich fast neun Kilometer und erreichte den Ort Frey Benito. Während ich an einer Kreuzung ich eine kleine Pause machte, wurde ich von einem älteren Kubaner auf deutsch angesprochen. Nach einer kurzen Unterhaltung über seinen Aufenthalt in der ehemaligen DDR fuhr ich weiter. Ich hatte immer noch leichten Gegenwind. Endlich kam die Sonne heraus und stach vom Himmel. Heute war es mit 42°C auf dem Rad ein paar Grad kühler als in Sri Lanka. Aber im Gegensatz zur meiner letzten Reise machte mir heute die Hitze zu schaffen. In ein bis zwei Tagen sollte ich akklimatisiert sein. Am Ortseingang von Rafael Freyre stand zur Begrüßung eine alte Dampflok. Bisher war ich recht fotofaul, aber diese musste abgelichtet werden. Endlich fand ich Wasser, mit dem ich mich abkühlen konnte. Danach ging es mir gleich besser. Eigentlich wollte ich zum Strand „Playa Esmeralda“ fahren, aber an der Kreuzung gab es nur ein Schild zu einem All-inklusive-Hotel. Nach vier Kiulometer kam plötzlich die Abzweigung zum Strand „Playa Guardalavaca“. Jetzt holte ich den Reiseführer raus. Ich hätte dem Wegweiser zum Hotel folgen sollen, um zum Strand „Playa Esmeralda“ zu gelangen. Damit war dieser Strand gestorben.
In Guardalavaca wollte ich eine längere Badepause einlegen. In einem Restaurant fragte ich einen Kellner, ob er auf mein Rad aufpassen könne, solange ich schwimmen gehe. Aber dieser musste erst seinen Manager fragen, der gerade nicht im Restaurant weilte. Also trug ich mein Rad die Treppen zum Strand hinunter und entdeckte dort ein nettes Strandrestaurant. Ich bestellte mir etwas zum Essen und fragte, ob die Besitzer das Rad im Auge behalten könnten. Als Antwort erhielt ich nur, dass Fahrräder am Strand verboten wären. Ja super, fängt das schon wieder an? Während des Essens begann es kurz zu regnen, was mich beim Schwimmen gar nicht störte. Ich wartete bis ich abgetrocknet war und die Sonne für ein paar Bilder, des wirklich sehr schönen Strandes, herauskam.
Nachdem die Fotos im Kasten waren, trug ich mein Gepäck und das Rad die Treppe hinauf. Vorbei an den Hotels fuhr ich durch den total touristischen Ort und musste anschließend eine kleine Hügelkette in Richtung Banes überwinden. Auf der Strecke gibt es kurz hinter Guardalavaca eine Abzweigung zum Museum „Museo Chorro de Maita“. Ein nachgebautes Dorf der Taíno-Indianer, die zur Zeiten von Kolumbus in der Karibik lebten. Dieser zweieinhalb Kilometer lange Abstecher machte mich fertig. Die Straße war verdammt löchrig und die letzten 400 Meter waren extrem steil. Durch den Regen war es sehr schwül, da hieß es mal wieder 50 Meter fahren, verschnaufen, 50 Meter fahren. Das Museum ist ein Nachbau von Hütten der Taíno Indianer. Mit lebensgroßen Terrakottafiguren werden Szenen des alltäglichen Lebens gut dargestellt. Nach diesem lohnenswerten Abstecher machte ich mich auf den Weg nach Banes. Bis zum Sonnenuntergang hatte ich nicht mehr viel Zeit. Ich versuchte möglichst viele Kilometer mit Tageslicht zu schaffen. Die Strecke war ziemlich wellig und mich erwischte erneut ein kurzer Regenschauer. Über diesen war ich sogar froh, da mir die Abkühlung gut tat. Vier Kilometer vor Banes war es dann Nacht.
Ich verlangsamte mein Tempo und begann mit der Suche einer Casa Particular. Mit einem Schlepper fuhr ich fünf Pensionen an, alle waren ausgebucht. Die Besitzer der Casas konnten telefonisch auch keine freie Unterkunft ausmachen. Ein Freund von dem Schlepper kannte eine illegale Unterkunft. Sie befand sich in einem Plattenbau, der von außen ziemlich marode aussah. Die kleine Wohnung war sehr schön mit antiken Möbeln eingerichtet. Das Badezimmer hatte keine Tür und eine Dusche gab es auch nicht. Zum Duschen erhitzte der Besitzer einen großen Wassereimer mit einem Tauchsieder, was ausreichend war. Das Abendessen war gut und bis 22.00 Uhr unterhielt ich mich mit dem Besitzer der Unterkunft. Er und seine Frau sind arbeitslos und versuchen mehr recht als schlecht über die Runden zu kommen. Ein Hauptkritikpunkt am Sozialismus ist für sie der fehlende Wohlstand. Mit einem monatlichen Einkommen von ca. 500 Pesos Cubanos (20 EUR), die ein Arzt verdient, kann man sich fast nichts leisten. Obwohl das kostenlose Gesundheitssystem recht gut ist, reist er mit seiner Frau einmal im Jahr nach La Habana. Denn nur dort gibt es Fachärzte, die seiner erkrankten Frau helfen können. Ein schöner, interessanter, aber anstrengender Tag ging zu Ende.