Re: Zwischen Agde und Narbonne

von: cyclerps

Re: Zwischen Agde und Narbonne - 19.03.21 10:35

Vielleicht ist es für den ein oder anderen interessant und deshalb schweife ich mit der Bitte um Nachsicht vom Thema kurz ab.... .

Wegen der Deutschen "Baukunst" aber auch weil es hier auch um die jeweils "andere" Sprache von Deutschen und Franzosen über der jeweiligen Grenze bzw. der Fähigkeit diese zu sprechen ging.

Und nicht zuletzt was Politik bei Leuten anrichten kann nur weil sie ein paar Meter weiter wohnen...:

Ich bin in einem Zweifamilienhaus groß geworden. Ein Haus das in den 1920iger Jahren gebaut wurde. Meine Eltern und ich wohnten Parterre zur Miete, in der 1. Etage wohnten unsere Vermieter.
Im Hinterhof, der durch einen großen Hausflur erreichbar war, war in einem separaten eingeschossigen Gebäude die 1.Werkstatt meines Vaters eingerichtet in der er seine Firma 1963 gründete. Vorher hatte dort der Vater unserer Vermieterin seine Schmiede (seine letzte Arbeit war für sich selbst eine riesige geschmiedete Deckenlampe in deren Mittelpunkt ein Mann an der Esse stand und schmiedete. Er selbst).

Und jetzt wird für euch die Geschichte vielleicht interessant. Der Schmied und Vater unserer Vermieterin hieß Maginot. "Opa Maginot", wie wir ihn nannten, ein damals für mich uralter Mann war der Cousin des Franzosen und Verteidigungsministers Maginot der die Maginot Linie bauen ließ.
Nebenbei bemerkt lag die Totenmaske des "Bunkerbaumeisters", auf die man einen gewissen Stolz hatte, bei uns in einer Holzkiste im Keller.

Ich kann mich gut erinnern das in der Wohnung der Vermieter (meine Eltern und die Vermieter waren eng freundschaftlich verbunden) Bilder an den Wänden hingen auf denen Soldaten in französischer Uniform (Familienmitglieder von "Andrè Maginot) und Soldaten in deutscher Uniform ( Familienmitglieder von Opa Maginot) zu sehen waren. Natürlich auch unser Vermieter (in deutscher Uniform eines Leutnants) der der russischen Gefangenschaft zum Glück nur knapp entkam.
"Opa Maginot", der Schmied, verlor bei der Schlacht der 6. Armee unter Generalfeldmarschall Paulus in Stalingrad 3 Söhne (der jüngste war 18). Er hatte 14 Kinder. Welche Opfer sein Cousin zu beklagen hatte entzieht sich meiner Kenntnis.

Warum ich das alles schreibe und euch sicher langweile....,

Beide Familien besuchten sich immer wieder und machten so auch einige Tage im ehem. "Feindesland" (bei uns im Haus) Urlaub. Ich erinnere mich das es jedesmal viele Tränen gab und viele Erlebnisse ausgetauscht wurden. Man fuhr auch zusammen ins nahe gelegene Verdun oder besuchte Orte der Maginot Linie und des Westwalls (wir wohnen ja quasi mitten drin). Dazu wurde unser damaliger VW Bus (der Sitzbänke hatte) genommen.
Wie die genaue Geschichte der Familien Maginot war und warum die einen im tiefen Frankreich und die anderen in Pirmasens wohnten weiß ich nicht.

Ich war ja damals noch ein Kind, etwa 9-10 Jahre alt. Vieles hab ich nie vergessen und vieles schwang nach. Auch als wir schon lange nicht mehr an der Adresse wohnten (der enge Kontakt blieb bis zum Tod unserer ehem. Vermieter bestehen) und den Betrieb zwecks Neubau etc. in ein Industriegebiet verlegten.

Dies fiel mir nun ein als ich "Baukunst" las und ich dachte vielleicht ist es lesenswert wenn ich das mal hier schreibe. Wenn es nicht so ist bitte ich um Nachsicht.

Zum Schluss......,
als die "Franzosen" mal wieder im Haus waren (auch bei Geburtstagen besuchte man sich)
nahm mich mein Vater irgendwann mal in den Arm und sagte leise: "Merke Dir, es hat jeder nur eine Nase im Gesicht, egal wo man her kommt". Er meinte damit wie unsinnig Krieg..... .
Es war für mich der Satz nie einen Waffenrock zu tragen.


Ich fahre mit ganz vielen Erinnerungen und Gedanken ins schöne Frankreich.

Danke.