Re: Fragen Chile + Argentinien im Dezember/Januar

von: lutz_

Re: Fragen Chile + Argentinien im Dezember/Januar - 12.02.20 12:41

Hallo zusammen!

Bei unserer mehrmonatigen Radreise durch Südamerika sind wir im Januar 2020 die Carretera Austral zwischen Villa Santa Lucia und Villa O‘Higgins bzw. El Chalten gefahren. Hier einige Tipps und Ergänzungen zu diesem Faden:

- ausreichend Zeit mitbringen (falls möglich). Dann kann man gezielt Schlechtwettertage aussitzen. Radeln im Starkregen oder im Gegensturm steht auf unserer Wunschliste nicht sehr weit oben.

- als Planungshilfe fand ich (außer diesem Faden hier) die Seite von bicylepatagonia.com (insbesondere die Höhenprofile) sowie die App iOverlander sehr hilfreich (dort Infos zu (Wild-) Zeltplätzen und anderen Unterkünften und vieles mehr)

- ATMs in Villa Manchego, Coyhaique (dort Scotia-Bank mit DKB-Visa ohne Gebühr), Rio Tranquilo und Cochrane, El Chalten und El Calafate.

- Zahlung von Unterkünften fast ausschließlich bar (außer Camping El Mosco in Villa O‘Higgins, dort geht auch Kreditkarte), im Supermarkt/Restaurant ist Kartenzahlung fast immer möglich.

- die Straßenbeschaffenheit ist schwankend, von glattem Asphalt bis zu heftigem Ripio. Alles in allem hatte ich es mir auf Grund der zahlreichen Schilderungen schlimmer vorgestellt. Allerdings sind wir mit gefederten MTBs und breiten Reifen im Bikepacking-Stil (Zorrocarry) unterwegs. Die Straße ist bis 13km nach Villa Cerro Castillo geteert, ab dort rund 500km Ripio bis nach Villa O‘Higgins. Der Pass Portezuelo Queulat südlich vom Ventisquero Colgante („Hängegletscher“) ist gleichfalls Ripio, aber eine nette Serpentinenstrecke durch schönen Wald.

- Störend fanden wir auf den Ripio-Strecken das zeitweise hohe Verkehrsaufkommen und insbesondere die Staubentwicklung. Wir haben ganz schön viel Staub gefressen...

- Vor lauter Radeln das Wandern nicht vergessen! Der Hängegletscher Ventisquero Colgante ist zwar nett anzuschauen, der Regeneald drumherum hat uns aber fast besser gefallen.

- Mehrtageswanderung bei Villa Cerro Castillo ist absolut lohnend, tolle Ausblicke, schöne Zeltplätze, hochalpine Landschaft. Kostet 29.000 chilenische Pesos pro Person, wir wurden innerhalb von drei Tagen Wanderung mehrfach von Rangern kontrolliert.

- Lange Baustelle zwischen Villa Cerro Castillo und Rio Tranquilo. Zeitweise ist die Straße für mehrere Stunden gesperrt (auch für Radler). Vor Ort oder bei iOverlander Informieren.

- Statt direkt nach Puerto Rio Tranquilo sind wir die Sackgasse nach Puerto Sánchez geradelt. Schöne Serpentinenstrecke und kaum Verkehr. Dort haben wir einen Bootstrip zu den Marmorhöhlen vor Puerto Sánchez und Rio Tranquilo organisiert. Die Räder durften mit aufs Boot und wir konnten dann in Rio Tranquilo aussteigen.

- Schöne Wandermöglichkeiten im PN Patagonia bei Cochrane (mussten wir wetterbedingt ausfallen lassen)

- Regelmäßige (einmal pro Woche?) Schiffsverbindung von Caleta Tortel nach Puerto Natales (falls die Zeit knapp wird)

- Landschaftlich schöner Abschnitt mit wenig Verkehr zwischen Cochrane und Villa O‘Higgins

- Die Boote über Lago O‘Higgins und Lago Desierto können als Kombiticket direkt in Villa O‘Higgins gebucht und mit Karte bezahlt werden. Vorbuchung war Ende Januar 2020 nicht notwendig. Letztlich entscheidet das Wetter und der Käptn, ob die Überfahrt möglich ist. Wir mussten mehrere Tage warten, waren aber darauf eingestellt und hatten keinen Zeitdruck. Versorgung in Villa O‘Higgins ist prima, die Küche des Camping El Mosco gut ausgestattet, Handy-Netz (3G mit Entel) vorhanden, da kann man es schon ein paar Tage aushalten. Die Gletschertour zum O‘Higgins-Gletscher wurde bei uns nicht angeboten (wegen zu starkem Wind und/oder zu wenig Nachfrage)

- der Grenzübergang zwischen chilenischen und argentinischen Grenzposten ist gut an einem Tag machbar, die Piste ist zwar anfangs steil, wird nach oben hin immer flacher. Die 6km Wanderstrecke hinunter zum Lago Desierto waren für uns abgesehen von einigen Schlammlöchern und Engstellen größtenteils fahrbar. Mit Gepäcktaschen vorne und hinten ist’s sicherlich wesentlich mühsamer, insbesondere in der ausgewaschenen Rinne am Schluss (ist aber nur ein kurzes Stück). Für Wanderer wurde auf chilenischer Seite ein Transfer mit einem Jeep bis zum argentinischen Grenzschild angeboten.

- Die Grenzer berichteten uns, dass vor kurzem zwei Wochen lang kein Boot über den Lago O’Higgins fahren konnte.

- Keine Versorgungsmöglichkeit zwischen Villa O’Higgins und dem Südende des Lago Desierto. Insbesondere für Süd->Nord-Reisende wichtig, da man ggf. mehrere Tage ohne Versorgungsmöglichkeit am chilenischen Grenzposten aufs Boot über den Lago O’Higgins warten muss.

- Tolle Zeltmöglichkeit am Nordende des Lago Desierto mit schönem Blick auf Fitz-Roy. Das Ticket über den Lago Desierto ist sowohl am gleichen Tag wie die Übetfahrt über Lago O’Higgins als auch am Folgetag gültig. Deshalb haben wir dort übernachtet und sind erst am nächsten Tag mit dem Boot über den See und weiter nach El Chalten.

- ATM in El Chalten vorhanden, sicherheitshalber Bargeld mitbringen. Dollar und Euro werden problemlos getauscht. Kartenzahlung ist fast überall möglich.

- Unbedingt einige Wandertage in El Chalten einplanen. Wesentlich schöner geht’s kaum: Gletscherlagunen mit Eisbergen und Cerro Torre und Fitzroy im Hintergrund. Wir haben in einem Schönwetterfenster den viertägigen Trek „Vuelta de Huemul“ unternommen. Mit Klettergurt angeseilt über Gletscherbäche hangeln, über Gletscher wandern, in der Nähe des kalbenden Viedma-Gletschers Zelten. Den Blick über einen Teil des südlichen Eisfelds werden wir für den Rest unseres Lebens nicht mehr vergessen. Eine fordernde aber ungemein beeindruckende Wanderung. (Noch) ohne Gebühren oder Vorreservierung machbar, allerdings ist eine Registrierung in der Rangerstation des Nationalparks erforderlich (wir wurden aber während der Wanderung nicht kontrolliert). Insofern eine lohnenswerte Alternative zum Torres del Paine NP. Die erforderliche Ausrüstung (Klettergurt, Bandschlinge, Karabiner und Wanderstöcke) kann in El Chalten problemlos gemietet werden.

- El Chalten nach El Calafate: Die schönen Berge leider im Rücken, wir hatten fast keinen Wind. Argentinische Steppe, naja, wer’s mag... :-)

Gruß LUTZ