Re: Radreise Italien Ostküste & Kroatien

von: Falk

Re: Radreise Italien Ostküste & Kroatien - 22.03.18 14:52

Zitat:
Zunächst auch Äpfel und Birnen: Es mag ganz früher keine geregelte Fahrradmitnahme gegeben haben, aber dann war eben das Fahrrad ein (außergewöhnliches?) Gepäckstück. Es kam auch selten vor. Sicherlich dürftest du im alten Orient-Express auch ein Fahrrad mittransportiert haben dürfen - dann eben im Gepäckwagen.

Zu Kaisers Zeiten ging das möglicherweise, danach und in den Dreißigern möglicherweise auch noch, nur gab es in den Zeiten, da die Sechstagewoche die Regel war und pro Jahr drei Tage Urlaub schon als eine große Errungenschaft galten, einfach kaum Nachfrage. Die Angehörigen der »besseren Gesellschaft« nahmen gleich gar keine Fahrräder mit, dafür jedoch mannshohe, senkrecht zu transportierende Schrankkoffer. In alten Filmen kann man das manchmal sehen. Der klassische Reisegepäcktransport war allerdings immer unbegleitet. Das Gepäck wurde vor der Fahrt auf dem Bahnhof aufgeliefert (die gelgentlich noch erhaltenen Gepäckabfertigungen waren dafür zuständig) und mit etwas Glück war es bei der Ankunft der Reisenden mit leichtem Handgepäck am Ziel schon da und zum bei bürgerlichen Reisenden lange vorher reservierten Hotel gebracht. Nach dem zweiten Weltkrieg ist die Fahrradmitnahme im Gepäckwagen zwar möglich gewesen, doch dafür wurden die Verhältnisse an den Grenzen in vorher völlig unbekannter Weise verschärft. Dass zwischen Nachbarstaaten auf Jahrzehnte Visumpflichten bestehen würden und man fast jeden Grenzübertrit wochenlang vorher beantragen müsste, war vorher völlig unbekannt und auch nicht vorstellbar. Dazu gehörten ebenso strenge und lange nicht gelockerte Zollauflagen. Solange ich selber überhaupt lesen kann und nachdem ich erstmal auf die Idee gekommen bin, dass man doch sein Fahrrad auch mit in den Urlaub nehmen könnte (das war so etwa Mitte der Siebziger) gab es nur die Möglichkeit, sein Fahrrad als aufgegebenes Reisegepäck vorher abzuschicken, wobei die Transportdauer schon im Binnenverkehr völlig unkalkulierbar war, oder eben jede Staatsgrenze auf dem Fahrrad zu überqueren. Ein durchgehender Transport im Gepäckwagen auf Fahrradkarte war »aus zolltechnischen Gründen« nicht möglich. Auf die Frage nach diesen Gründen gab es ausweichende oder keine Antworten. Ich habe allerdings durchaus »wir wollen nicht« rausgehört. Ich kenne niemanden, der sein Fahrrad in den Siebzigern, Achtzigern und frühen Neunzigern erfolgreich als aufgegebenes Gepäckstück zum in einem anderen europäischen Staat liegendem Urlaubsort geschickt hätte. Auch danach war das in den skandinavischen Staaten, wo sowas bis etwa 2000 noch möglich war, kaum kalkulierbar. Der einzige Rücktransport, den ich mal versucht habe, war im Oktober 1995 von Barcelona nach Hause. Der Spaß dauerte am Ende über eine Woche. Ich kenne kaum was anderes als ausgerechnet den internationalen Fahrradtransport, wo sich Desinteresse und Unwillen so drastisch ausgewirkt hätte.
Weiß noch jemand, wann eigentlich die internationale Fahrradkarte in Form der roten Banderlolen eingeführt wurde? Mit etwas Glück konnte man die auch von Malmö bis Siracusa ausstellen lassen und das bei einer Gültigkeit von zwei Monaten auch nutzen. Im Fall von Malmö, wo man meistens nur bis Berlin abfertigen wollte, habe ich das Ziel mehrmals handschriftlich nach Italien verlegt. Bei dem Pauschalpreis war das unschädlich (und führte nie zu Diskussionen).