Re: Wildcampen in Island soll verboten werden

von: :-)

Re: Wildcampen in Island soll verboten werden - 10.07.17 12:03

In Antwort auf: Fricka

Die Geschichte mit den Leuten mit Koffer bezieht sich auf einen einzigen Vorfall. Es gibt an diversen Stellen unendliche Klagen der Isländer über die "Gäste". Etliches davon scheint mir mit dem schlechten Wetter zu tun zu haben. Die Leute suchen Unterstellmöglichkeiten, wo sie mal ihr Sandwich essen können. Das geht natürlich gar nicht. Bei Unwetter aus dem Zelt ins Sanitärgebäude flüchten, was nun nicht soooo ungewöhnlich ist - verboten. Mit Hinweis darauf, dass es schließlich Hotels gibt. Pinkeln im Freien - strengstens verboten. Der Toilettenbesuch ist überall für 2 € möglich. Und der schlimmste Vorwurf: Die Leute kommen einfach nach Island und fotografieren ohne Erlaubnis die Ponys.


Die Isländer selber wollen eigentlich ihre Ruhe und sich vor allem nicht in ihren Freiheiten beschneiden lassen. Da kann ich sie auch verstehen.

Der Tourismusboom hat sich über viele Jahre entwickelt. Island ist einfach immer mehr in den Focus geraten und wird immer mehr ein beliebtes Reiseziel. Es wurde auch etwas beworben und die Touristen sich sicherlich auch nicht unerwünscht um wieder Geld in die Kassen zu spielen.

2007 wurde ich noch aufgefordert ins Sanitärgebäude umzuziehen als draußen ein Sturm tobte. 2007 hat mich ein Hotelbesitzer mit dem ich vorher besprochen hatte, dass ich kostenlos bei ihm auf dem Grundstück zelten kann, wegen Sauwetter überredet! im Hotelzimmer zu schlafen und sich dann auch nicht nicht davon abhalten lassen meine nassen Klamotten zu waschen und trocknen. Ich hab ihm mehrfach gesagt, dass das wirklich nicht notwendig ist, aber er hat darauf bestanden. Ich hab dann auch im Hotelzimmer nicht die Betten zerwühlt sondern mich mit Isomatte und Schlafsack auf den Boden gelegt. Noch mehr Umstände wollte ich ihm wirklich nicht machen. Es gab noch weitere großzügige und nette Gesten mehr die ich erleben durfte. HotPots waren 2007 noch weitesgehend Kostenlos und die Campingplätze waren noch deutlich isländischer/familiärer/persönlicher und kosteten in isk im Schnitt die Hälfte von dem was ich 2012 bezahlen durfte.

Mit der gestiegenen Anzahl an Touristen sind nicht nur mehr sondern auch andere Touristen gekommen und darüber hatte sich 2012 die Atmosphäre verändert. Sicherlich hab ich auch wieder viele sehr offene und nette Isländer getroffen, aber insgesamt war die Stimmung verändert, unpersönlicher, teilnahmsloser, insbesondere auf den Campingplätzen. Die Campingplätze waren voller, teilweise unerträglich voll für mich und das sagten mir auch Isländer. An einigen Hotspots wurde inzwischen aufgerüstet um die Touristenfluten in Bahnen zu drängen, zu orden und den Schaden in Grenzen zu halten, da waren Absperrungen die zum einen das Bild zerstören und zum anderen das Freiheitsgefühl einschränken, die Isländer selber sind sowas gar nicht gewöhnt aber es ist notwendig geworden, und nicht speziell wegen der Dummen/Ungeschickten oder der Gedankenlosen/Rücksichtslosen Touristen sondern einfach wegen der gestiegenen Anzahl. Mir hat sich 2012 jedenfalls der Eindruck aufgedrängt, Island verkauft sich und sein Land gerade selbst.

Die Regeln für das Verhalten in der Natur waren in Island schon 2007 und vermutlich auch schon viele Jahre vorher sehr deutlich und sehr streng. Freies Zelten war schon immer nur in Verbindung mit größter Rücksichtnahme erlaubt.

Jeder Tourist hinterlässt Spuren und hin und wieder auch mal mehr, oder richtet irgendeinen Schaden an. Die umsichtigen und vorsichtigen wenig und selten, die Rüpel ständig und teilweise auch großen Schaden. Das verkraftet die empfindliche Isländische Natur nicht auf Dauer.

Schon 2007 war der Krater am Myvatn übersät mit Namen, Liebesbekundungen und diversen Symbolen. Teilweise mehrere Meter groß, mit Steinen in den Krater gelegt. Sah aus wie gigantische Klosprüche. Sowas richtet keinen wirklichen Schaden an, stört aber das Bild und ist meiner Meinung nach Respektlos. Die Schutzhütte auf der Kjölur hat mich erschreckt, aufgeschnittene Betten, der Vorraum vermüllt, überall Zigarettenkippen und das Gästebuch und die Bibel zerrissen und vermutlich als Klopapier misbraucht.

Das hat die Isländer mit denen ich drüber gesprochen habe noch nicht wirklich aufgeregt, das wurde eher mit einem Schulterzucken einem missmutigen Blick abgetan und teilweise haben die sich auch selbst nicht gerade als Umweltengel gezeigt. Aber die Anzahl der Touristen ist von 2007 bis 2012 deutlich angestiegen, und wenn sich das so fortgesetzt hat, dann bin ich mir sicher, dass einfach die ständige Präsenz von Campern, Zelten und Touristen, ganz gleich wo du als Einheimischer gerade bist schon nerven kann. Schließlich beschneidet das die Einheimischen in ihrer Freiheit und die sind mindestens so freiheitsliebend wie die Touristen.

Z.B. haben die Isländer teilweise kleine natürliche HotPots die sie auch privat gepflegt haben, oder sogar privat ausgebaut haben. Diese durfte zwar jeder benutzen, aber da sie nur als Geheimtipp einigen wenigen bekannt waren hatten die Isländer die sie kannten und pflegten dort normalerweise ihre Ruhe. Inzwischen stehen dort ständig irgendwelche Camper von Touristen. Das haben mir ein paar Isländer erzählt. Immer mit den gleichen Worten.."Es ist OK, die Plätze sind frei für jeden, aber es ist anders, unruhiger."


Hab mal Zahlen gesucht.
Island und die Entwicklung des Tourismus
Der Unterschied von 2007 nach 2012 ist nicht so groß wie ich ihn empfunden habe, aber doch deutlich. Und wenn sich das danach und vor allem nach der WM noch mal deutlich geändert hat dann müssen die irgendwie reagieren. Das Land ist zwar so groß wie NRW hat aber nur einen Bruchteil der Straßenkilometer, dadurch wird das schon relativ schnell ganz schön eng. Die Anzahl der Autounfälle ist wohl auch deutlich angestiegen in den letzten Jahren.

Gruß
Jörg