Re: Radfahren auf der Autobahn

von: veloträumer

Re: Radfahren auf der Autobahn - 07.02.17 15:52

Hier nochmal ein paar Beiträge zum Thema. Deutschland: Es scheint ja immer vergessen zu werden, dass Autobahn heute etwas mit hohen Verkehrslasten und/oder hohen Geschwindigkeiten zu tun hat. Das gilt so aber nicht in aller Welt. Etliche Autobahnen außerhalb der deutschen Vorstellungskraft erlauben nur Geschwindigkeiten unter dem deutschen Landstraßen-Niveau und haben auch geringe Verkehrsfrequenzen. Nicht jeder möchte so schnell in den Tod wie der Deutsche. Allerdings gilt auch hier bei uns: Früher war alles besser.

Spanien: Auch wie bei uns, der Gesetzgeber denkt sich was gutes aus, aber die Behördenwillkür ist stärker: Radeln auf Fuerteventura unerwünscht. In Spanien ist es aber immer noch üblich, dass auf mehr Strecken das Radfahren verboten ist als es letztlich toleriert wird. Man wird damit rechnen müssen, dass sich die Lage für Radler eher verschlechtert - wie man auch bei den Helmvorschriften sieht, wie man am Bielsa-Tunnel sieht. Viele Radfahrdemos im Spanien der letzten Jahre belegen, dass es einen ungleichen Gegensatz zwischen (ökologischen) Partikular-/Minderheiteninteressen von Radfahrern und der übermächtigen Verdrängungsmaschinerie der Autolobby gibt. Gekoppelt mit der Stadtenwicklung gibt es viele positive Zeichen innerhalb der Städte, außen rum sieht es weniger gut aus, dort findet der Autofahrer gerade Asphaltkanäle immer mehr. Noch verhindert die dünne Besiedlung vielerorts die Exklusivforderung des Autofahrers, auch sind Radler meist seltener als bei uns, also fällt kaum auf als "Störer".

Kroatien: Autofahrer ticken heute überall gleich. Bekommen sie Exklusivrechte, besteht man auch drauf. Ich bin die radfahrverbotene neue Schnellstraßenanbindung Split an die Autobahn ins Hinterland aufgefahren - man wird ständig angehupt und terrorisiert, obwohl es gar keine Umkehr-/Abzweigemöglichkeit auf dem Abschnitt gibt. Oben ist dann ohnehin bei der Mautstelle Schluss, da kann man aber abzweigen. Eine Alternative gibt es zwar zur anderen Talseite, ist aber unten nicht ausreichend ausgeschildert, muss man sich also auf der Karte etc. selbst gut zurechtlegen. Zum horriblen, mehrspurigen Schnellstraßenring (immerhin nicht verboten) um Split gibt es kaum eine Alternative - nur wenn man sich gut auskennt, kann man sich am Meer entlang hangeln, was aber grundsätzlich nicht für Radler gedacht ist, sondern nur für Fußgänger. In Kroatien bringt der forgeschrittene Autobahnbau allerdings auch klare Vorteile: Ehemalige Inlandsstraßen, aber auch Küstenstraßen sind signifikant verkehrsärmer und werden teils sogar touristisch als Radrouten ausgewiesen. Langfristig könnte es aber ähnlich wie dem Nachbarland Slowenien ergehen, wo die Gelder für Autobahnen leichter zu beschaffen sind als für regionale oder lokale Straßen - sprich die Straßen unterer Ordnung verfallen können bzw. der Ausbau von bisherigen Pisten verschoben wird.

Italien: Erlaubt und Toleranz sind häufig verschiedene paar Stiefel. Um 1980 rum war ich mit Schulklasse in Rom, da fuhren mehrere Pelotons von Rennradfahrern stets auf der nicht mautpflichtigen Ringautobahn. Das war meiner Kenntnis nach schon damals nur "geduldet". Heute ist das aber undenkbar, auch nicht mautpflichtige Autobahnteile sind für Radfahrer tabu. Ich wurde mal diesbezüglich in Livorno (2002) von der Polizei des Platzes verwiesen und musste die Stadt mühsam durchqueren.