Re: Addis Abbeba-Nairobi

von: Mistah Peetah

Re: Addis Abbeba-Nairobi - 27.12.16 13:37

Marhaba!

So, ich hatte versprochen, etwas über der Weg durch Nordäthiopien zu schreiben. Ganz unten dann noch meine Einschätzung zu Addis - Moyale auf der Hauptroute (das war ja das eigentliche Thema).

Der Norden war eine große Überraschung. Wie Zaher Ahmad und Wi (siehe Posts weiter oben) kenne ich es von früheren Reisen durch Äthiopien auch so, dass der Nordwesten (insbesondere Gojjam) unangenehmer ist als der Süden. Diesmal war es umgekehrt. Nicht dass jetzt plötzlich alles gut wäre. Steinwürfe gab es auch dieses Mal, etwa zehn Attacken zwischen der Schlucht des Blauen Nil und Aykel (130 km vor der Grenze zum Sudan). Aber vor allem um Addis Abeba herum und auch in manchen Städten im Nirden waren die Erwachsen okay bis freundlich. Ab und zu gab es sogar ein aufrichtiges "Welcome!"

Insbesondere ging von größeren Menschenansammlungen nirgendwo Gefahr aus. Das war im Süden ganz anders, wo Erwachsene hinter mir herrannten und aggressiv Geld einforderten.

Auch wenn der Norden besser war, als ich befürchtet hatte - das Land hat sich in den letzten zehn Jahren deutlich zum Negativen verändert. Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, warum ich wohl nicht noch ein neuntes Mal nach Äthiopien reisen werde:
- die Steinwürfe von Kindern und Jugendlichen
- unzählige andere feindselige Gesten:
+++ ein junger Mann will einen Stock in die Speichen meines rollendes Rades schieben (in Mega, auf der Hauptroute durch den Süden)
+++ ein Zwölfjähriger will im Vorbeifahren einen Eimer mit Schmutzwasser über mich kippen
+++ ein junger Mann will mir im Vorbeifahren die Faust ins Gesicht schlagen (oder tut zumindest so - bei Awassa, Hauptroute südlich von AA)
+++ Moped kommt mir auf freier Straße auf meiner Seite entgegen und weicht erst im letzten Moment aus
+++ dto. junger Mann mit schwerem Holzkarren, beim Ausweichen schleudert er mir noch ein "Fcuk you!" zu (wenn ich "zensiert you!" richtig schreibe, kommt die Auto-Zensur :-) )
+++ ein Mann um die 35 Jahre greift, während ich an ihm vorbeifahre, in mein Fahrrad
+++ ... und vielerlei Schwachsinn dieser Art mehr
- duales Preissystem, nicht nur bei Eintrittspreisen
+++ Eintrittspreise für Royal Enclosure in Gonder: Äthiopier 10 Birr, Ausländer 200 Birr
+++ aber auch für Hotels und manchmal in besseren Restaurants zahlt der Besucher deutlich mehr als der Einheimische (z.B. in Gonder und Arba Minch)
- unverschämte Guides und Priester (in Tigre im Norden schloss ein Priester eine Touristengruppe in einer Kirche ein, weil das Trinkgeld nach seiner Meinung zu gering ausgefallen war)
- ständig, ständig, ständig harsche, hässliche Rufe junger Erwachsener vom Straßenrand (z.B. "You! You! You!" oder "Give money!" - wie gesagt im Kasernenton).
- in manchen Gegenden bettelt jedes vorbeigehende Kind und jeder vorbeigehende Jugendliche um Geld, Kugelschreiber, Schuhe, "Highland" (Mineralwasser, das in deinen Trinkflaschen vermutet wird), und und und...

Die Liste ist bei weitem nicht vollständig.

Nun noch zur Ausgangsfrage von Tom (Addis - Nairobi via Moyale): Wenn Du auf der Hauptstraße bleibst und Du nicht ausgerechnet in politische Tumulte gerätst, wirst Du wohl einigermaßen gut durchkommen. Die meisten hirnlosen Erwachsenen hatte ich auf der Nebenstrecke über Arba Minch / Konso (früher war diese Route recht ruhig, bin ich schon zweimal gefahren). Trotzdem solltest Du immer die Leute am Straßenrand im Blick haben, nicht zu dicht an ihnen vorbeifahren. Der Depp, der mir den Stock in die Speichen schieben wollte, begegnete mit - wie oben geschrieben - auf der Hauptroute.

Fazit: Du wirst wohl durchkommen - ob dieser Reiseabschnitt Spaß macht, ist allerdings offen.

Viele Grüße aus dem Sudan
Peter

PS: Bin gerade mit einem deutschen Radler im Kontakt, der etwa im März vom Sudan nach Äthiopien einreisen wird. Wenn Du willst, kann ich den Kontakt herstellen.