Re: ALPEN, Fragen an die Experten ....

von: veloträumer

Re: ALPEN, Fragen an die Experten .... - 18.07.16 15:40

In Antwort auf: Placebo
Trotzdem wäre es auch schön, dass Gefühl der Höhe(Weitsicht) zu erleben, und nicht nur durch die Täler zu fahren. Möglichst nur gerine Anteile im rauhen Gelände und noch wichtiger nicht dauerhaft an gut befahrenen Straßen. Beides ist OK, sollte aber nicht zu einseitig sein. Eine gute Mischung halt. Ich möchte mich schon fordern, aber auch die Zeit haben, die Alpen zu genießen. Um so einsamer und abgelegener, um so besser.
Gibt es Dinge, an die ein Flächländer nicht denkt ?
Schwierige Wetterbedingungen, schnelle Wetterwechsel, Engpässe Verpflegung
Navigation per GPS, Wegsperrungen usw....

Verschiedenes: Geringe Anteile raues Gelände bringen ggf. weniger Weitsichten. Für abgelegene Routen ist die Tourlänge eher zu kurz. (Nicht selten muss man dazu auch in Stiochtäler ohne (fahrbare) Passübergänge.) Gerade dort sind Verpflegungsmängel zu erwarten, auch die Saisonzeit spielt eine wesentliche Rolle. Ich habe in der zweiten Juni-Hälfte sehr viele geschlossene Betrieb in abgelegenen Täler (und Höhen) vorgefunden.

Für das Wetter braucht es nicht nur richtige Kleidung, man muss auch mit Etappenabbrüchen rechnen, denn bei Starkregen, Gewittern usw. lässt sich ggf. gar nicht fahren. Aktuelle Erfahrungen habe ich auch wieder gemacht - manchmal bleiben dann nur halbe Tage zum Fahren, evtl. geht auch gar nichts. Für Kurzreisen ist das immer heikel, weil man keine Puffer hat und entsprechend wird man sich eher an Hauptrouten orientieren, die auch einen kurzfristigen Rückzug mit Bus und Bahn ermöglichen. Es spricht aber auch nichts gegen Hauptrouten - die Alpen sind ein uralter Siedlungsraum und nicht auf totale Einsamkeit abonniert. Die Menschen gehören also auch dazu wie auch heute moderne Fahrgeräte.

Ob Winterausrüstung oder nicht, hängt auch von der Empfindlichkeit ab. Windschutz ggf. für Stirn und Ohren, lange Handschuhe sind immer sinnvoll (in Pyrenäen mal nicht dabei, prompt welche gekauft). Schuhe können völlig nass werden - evtl. trocknen sie nur schwer über eine Nacht. Ein zweites Paar nehme ich deswegen trotzdem nie mit. Zuviel mancher Kleidung braucht es auch nicht. Ich hatte Regenhose dabei, konnte sie aber quasi nicht nutzen. Zu schwieriges Mikroklima, zudem kommen die Einbrüche oft schnell, dass man gar nicht korrekt entsprechende Rüstungen anlegen kann. Man muss ja auch die Regenpausen nutzen - sonst kommt man bei schwierigen Wetterlagen gar nicht voran. Ständiges Umziehen erschwert das Programm nur. Soweit die Temperaturen es erlauben, bei Regen eher vermeiden, zu viele Klamotten nass werden zu lassen. Jedes Teil, dass nass geworden ist, muss auch wieder trocken werden. Am schnellsten bekommt man die eigene Haut trocken.

Wegsperrungen sind in den Alpen ernst zu nehmen, im Zweifel immer bei den Einheimischen rückversichern, ob die Route mit Velo doch machbar ist. GPS ist bei einer echten Bergtour überflüssig - die Irrwege sind überschaubar. Gegenteilige Behauptungen mag es geben - ich nehme sie nicht ernst.

Wohin? - Nimm dir nicht zuviel vor - eine Kurtztour wird nicht reichen, die Alpen kennenzulernen. Die einsamsten Gebiete liegen weniger in den Zentralalpen, mehr im Osten und Westen. Einsame Gebiete sind manchmal ganz nahe bei viel frequentierten wie z.B. in den Dolomiten. Geht es am Sella-Massiv hoch her, sind die Belluneser Dolomiten eher etwas vergessen. Nationalparks schützen nicht vor Andrang (eher das Gegenteil, vgl. Hohe Tauern) - trotzdem gibt es überraschend auch verkehrsarme Querungen (Berchestgadener NP mit Hirschbichl-Pass). Troz Wanderer-Andrang können die Straßen auch dürftig befahren sein (NP Mercantour).

Die Zentralalpen (Gotthard-Massiv etwa mit Splügen) sind eher rau, die Nockberge eher leiblicher, Pyrenäen-artig grüne Marguerais, seenreich die Seealpen (aber selten zu erradeln, Rest aber ausreichend schön), die Cottischen Alpen oft sehr bizarr, große Schluchten in Frankreich, enge Klamme in Österreich und Deuschland. Stark verkarstet sind die Provencalischen Alpen, aber auch in Ligurien. Das Appenzellerland ist wie eine Spielelandschaft aus der Postkarte, im Friaul wirbt nicht ganz zu Unrecht mit Ansichten wie im Himalaya und die Julischen Alpen sind ein kleiner Mikrokosmos eines Gebirges im Gebirge.