Re: Warnung Vorort Verona!

von: derSammy

Re: Warnung Vorort Verona! - 05.04.16 11:06

Siehst du: Genau in dem Punkt bin ich diametral anderer Auffassung: Ich denke nicht, dass die Nationalität per se einen Einfluss auf das Wesen und Verhalten eines Menschen hat, genausowenig wie Religion, geschlechtliche Orientierung oder Gesundheitszustand. Es mag durch gesellschaftliche Unterschiede begründete statistisch erfassbare Unterschiede geben, aber die Ursache liegt nicht in der Nationalität begründet.

Und das Problem mit "identischen Situationen" ist eben jenes, dass es diese nicht gibt. Ich weiß sehr wohl zu unterscheiden, worin der Unterschied zwischen Korrelationen und Kausalitäten besteht. Vor etwa 100 Jahren gab es einen sehr signifikanten korrelativen Zusammenhang zwischen der Anzahl von Störchen in einem Gebiet und der Geburtenrate. Hintergrund war natürlich nicht das Märchen vom Klapperstorch, sondern die einsetzende Industrialisierung, die sowohl die Störche vertrieb, als auch die Geburtenraten drückte. Aber versetzen wir uns mal in jene Zeit (vor CTG, Ultraschall und Schwangerschaftstest) und es kommen zwei Frauen mit identischer Krankheitsvorgeschichte mit Schwangerschaftssymptomen zum Frauenarzt. Einmal im Ruhrpot, einmal in Ostpreussen. Ist die Wahrscheinlichkeit dann höher, dass die Frau in Ostpreussen schwanger ist als die im Ruhrpot? Du wirst sicher mitgehen, dass die Storchenanzahl um den Wohnort nicht ausschlaggebend ist, sondern z.B. vielmehr ein genauer Blick auf die Lebensumstände der Frauen. Und wenn die Frauen dann einmal mit Symptomen beim Arzt sind, spielt ihr Umfeld natürlich keine Rolle mehr. Das ganze nennt sich "bedingte Wahrscheinlichkeit". Du fragst eben keine "x-beliebige Frau aus Ostpreussen/Ruhrpot", sondern eine, die Symptome zeigt.

Und ähnlich verhält es sich eben auch mit der Nationalität. Die ist nicht ursächlich für Kriminalität, sondern es gibt bestenfalls korrelative Zusammenhänge. Das sagt aber nichts über das Individuum aus und es mag andere Kriterien geben, die wesentlich relevanter für die Einschätzung der Person sein sollten. Frag mal einen deutschen Mitbürger mit dunkler Hautfarbe, wie oft der Ziel einer "verdachtsunabhängigen Personenkontrolle" wird. Er wird dir ein trauriges Lied singen können. Selbst als CDU-Kreistagsabgeordneter wirst du davon nicht verschont. Es ist schlicht rassistisch alleinig aufgrund von Aussehen oder einer Zeileneintragung im Pass eine Person als "potentiell gefährlich" einzustufen. Und wenn du eine solche Person vor dir hast, dann ist sie eben nicht mehr "x-beliebig", sondern du weißt deutlich mehr: Alter, Kleidung, Fortbewegungsmittel, etc. Damit bist du dann -um mal wieder in den Statistikjargon zu schwenken- wieder bei den bedingten Wahrscheinlichkeiten, die schnell ganz andere als die vermeintlichen intuitiven Ergebnisse liefern (ich erinnere nur an das Ziegenproblem). Den Herrn Schall könnte man auch nach seiner Bahncard-50 fragen. Ich unke mal, dass die Kriminalitätsrate unter den BC50-Besitzern deutlich unter dem Bevölkerungsschnitt liegt. Die Ursachen dafür, kann sich jeder selbst zusammenreimen, aber keinen interessiert in den Kriminalstatistiken, ob die Straftäter BC50-Besitzer sind. Wäre aber womöglich statisitsch viel signifikanter als die Nationalität, die hier von einigen so vehement als "relevante Information" eingefordert wird.

Aber ich will das Rassismus-Fass gar nicht weiter aufmachen (und mir geht es nicht um Moral, sondern um einen angemessenen Umgang mit Statistik), sondern nur noch mal als Fazit für den gemeinen Reiseradler das festhalten, was Arnulf bereits gesagt hat: Auch statistisch lässt sich sehr gut belegen, dass Raddiebstahl z.B. sehr wesentlich von dem Ort abhängt, wo du das Rad abstellst. Und da ist ein Dorf im polnischen Hinterland um Größenordnungen sicherer als die Innenstadt einer deutschen Großstadt; im Ausland ist das Wissen womöglich gar nicht da, den Wert eines Reiserades angemessen einschätzen zu können, und Diebe mögen an ganz anderen Dingen Interesse zeigen, als wir womöglich meinen. Als uns im Sommer das Portemonaie geklaut wurde, verschmähte man das Garmin GPSmap 64s. Rein finanziell hätte dies bei jeder Gebrauchtwarenplattform mehr gebracht als das uns entwendete Bargeld - der Diebe wusste nur anscheinend (und zu unserem Glück) nichts mit dem Gerät anzufangen. Das nur so als Anregung, um sich nicht von "falschen vermeintlichen Züngleins an Feinwagen" auf die falsche Fährte locken zu lassen.