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#887520 - 04.12.12 20:28 Re: Korsika 2012 [Re: veloträumer]
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Diesmal ziemlich kurz, aber nicht weniger eindrücklich...

KAPITEL 4 Mächtige Bergkulissen und bizarr-mystische Felsfiguren mit Küstenromantik: Wege an und hinter der Westküste zwischen Ajaccio und Porto

Fr 29.6. Col de Listincone - Col de San Bastiano (411m) - Tiuccia - dev. D81/D25 - Sari-d'Orcino - Col San Antonio di d'Ambiegna (376m) - Lopigna - (Rezza) - Salice - Rosazia - Bocca a Verghiu (359m) - Murzo - Vico - Col de St-Antoine (491m)
85 km | 11,4 km/h | 7:30 h | 1825 Hm
W: sonnig, heiß, > 30 °C
E: Entrecôte/Bratkart., Rw, Kastanienkuchen, Cafe 30,50 €
Ü: C La Sposata 8 €

Vom Col de San Bastiano hat man eine weite Aussicht auf zwei Buchten – auf das Golfe de Lava im Südwesten und das Golfe de la Liscia im Norden, welche Teilbuchten des Golfes von Sagone sind. Bei guter Sicht dürfte der Blick bis Cargèse reichen. Zwar ist die Bucht dichter besiedelt als es auf der Karte den Anschein hat, aber es gibt kaum richtige Orte an der Küste. Vielmehr sind es saisonbeschränkte Ferienhäuser und auch die Geschäfte richten sich fast ausschließlich am Badetouristen aus. Eine weitere Einkommensquelle ist der Durchgangsverkehr, der hier immer noch stark ist. Es wäre aber falsch zu glauben, dass hier Rummelplätze am Meer liegen. Alles hat noch seine gediegene Gelassenheit und die Strände um Tiuccia sind zwar gerne besucht aber nicht überlaufen. Der schönste Platz am Meer befindet sich an dem kleinen Kap beim Tour de Capigliolo, der auf einem 100 m hohen Berg hinter der Oleander-gesäumten Küstenstraße liegt. Nach der einen Seite heben sich Felsblöcke aus dem Meer, nach Norden beginnt ein langer Sandstrand. Die Verlockung ist zu groß als dass ich mir nicht ein kurzes Meerbad am Vormittag gönne.

Die eigentlichen Dörfer in der Cinarca liegen weiter hinten auf bzw. den Hügeln, die vor Überfällen von See her früher die Einwohner schützten. Trotz einer gewissen Besiedlungsdichte fühlt es sich auf den Straßen fast einsam an. Dörfer wie Casaglione, Ambiegna oder Arro erscheinen wie liebliche Fensterblicke aus Olivenhainen heraus – die Pastelltöne schmeicheln sich mit der Leichtigkeit des Sommers in das Auge. Lopigna, schon weiter weg über eine Halbhöhenstraße zu erreichen, wirkt mehr wie ein Bergdorf, das nicht mehr im Einfluss des Meeres unterliegt, sondern schon dem abgeschiedenen Cruzzini-Tal. Über eine verwunschene Buschlandschaft und holprige Straße erreicht man den Cruzzini-Fluss (Badestellen vorhanden), der sich ohne großes Gefälle sehr gerade streckt. Erst wo die D 125 auf die D 4 stößt, endet die gemütliche Route und das enge Tal erlaubt keine Straßenführung mehr entlang des Flusses.

Mit der D 4 beginnt – nun wieder zurück nach Westen führend – eine ziemliche aufreibende Bergstrecke, die häufig auf und ab geht, auch etliche wadenstärkende Rampen enthält. Den Ort Rezza durchquert man nicht, an der Abzweigung steht aber zu Saisonzeiten ein Imbisswagen. Zwischen Azzana und Salice befindet sich direkt an der Straße die Cascade d’Ancone, ein schöner Wasserfall mit einem Bogenschleier an der oberen Felskante. Durch die vielen Seitentäler verläuft die Straße sehr langatmig immer wieder in weiten Schleifen am Hang entlang. Die Landschaft wird alsbald spektakulärer: Immer mehr schieben sich bizarre Felsen sowohl an der Straße wie auch am fernen Horizont ins Auge. In der schon tief stehenden Sonne entsteht mit den schier zahllosen Bergen und Hügeln ein geradezu typisches wie stimmungsvolles Bild des korsischen Binnenlandes.

In Murzo ist es wieder etwas betriebsamer – der Ort liegt allerdings im Tal bereits recht früh im Schatten. Ende September ehrt man hier den Honig mit einem Fest. Vico ist bergaufwärts gut zu erkennen – die Steigung dahin gemäßigt. Ich esse im Ort, obwohl der Camping nochmals fast 100 m höher unmittelbar beim Col de St-Antoine liegt. Was ich nicht wusste: Auch auf der Passhöhe befindet sich ein Restaurant, in dem sogar bei meiner späten Bergankunft noch reger Betrieb herrschte. Den Zeltplatz hier oben mit einer freundlichen Campingwartin kann ich empfehlen, soweit man damit leben kann, nicht überall seine Heringe in den Boden zu bekommen. Das terrassierte Gelände wird von Olivenbäumen beschattet, am westlichen Ende mit den Duschen gibt es auch ein Bistro, von wo aus man einen wunderbaren Blick über Farne und Kastanienbäume hinweg zum Golf von Sagone hat.

Sa 30.6. Col de St-Antoine - Col de Sevi (1101m) - Cristinacce - Bocca à Zora (889m) - Evisa - Gorges de Spelunca - Pont de Pianella - Ota - Porto - Piana - Porto
71 km | 11,7 km/h | 6:02 h | 1330 Hm*
W: sonnig, heiß, > 30 °C
E: Jakobsmuschel-Tartar, Fisch/Reis/Gem., Roséw., Käse, Kokostorte, Cafe 40 € (+)
Ü: C Municipal 0 €

Morgens finde ich Vico in der Vogelperspektive vor. Oberhalb des Ortes, nahezu auf Passhöhe, aber jenseits der D 70 gelegen, befindet das Kloster St-François von Vico – man kann dort sogar übernachten. Vom Kloster aus gäbe es nach Süden eine direktere Verbindung nach Ambiegna als die, die ich gefahren bin. Auch diese Strecke ist nach der neuerer Karte vermutlich durchgehend asphaltiert, auf der alten Michelin-Karte ist die Verbindung noch als Piste eingezeichnet.

Etwa östlich über Vico ragt ein Berg auf, den eine Legende umrankt. Demnach verliebte sich ein nobler Herr in ein junges Mädchen. Das Mädchen beraubte ihre Mutter, um das Vermögen als Mitgift in die Ehe mit dem Herrn einzubringen. Daraufhin fluchte die Mutter über ihre Tochter, schmiss sie aus dem Haus und die Tochter ward alsdann zu Stein erstarrt. Fortan nannte man den Berg Punta di a Spusata (Braut) – die Konturen lassen den Kopf einer Frau erkennen – es könnte aber außer einer Braut auch eine alte Frau sein oder was sonst die Fantasie hergibt. Ohne Fantasie ist eine Korsika-Reise ohnehin nur die Hälfte wert.

Der Col de Sevi ist ein geradezu Leuchtend-lichter-lecker-Pass, da hier überall die Kätzchen der Kastanien in hellem Gelb in den Himmel ragen. Der Groove-Sound der Strecke ist das Summen der Bienen. Das gilt auch für die Nordseite, auf der man zunächst einen weiten bewaldeten Talkessel mit umgebenden Bergfelsen überblickt. Eigentlich wollte ich von Cristinacce über Marignana nach Westen fahren um nicht die gesamte Strecke des nächsten Tages zu doppeln. Doch war ich einschließlich Cristinacce noch ohne Tagesproviant. So entschied ich den Weg über Evisa zu nehmen, wo es ein mehrere kleine Läden gibt.

Der Talkessel wird nun immer spektakulärer, obwohl die Gorges de Spelunca nicht wirklich einsehbar ist. Am besten erschließt man diese Schlucht zu Fuß. Dazu gibt es einen steilen Weg von Evisa hinab. Das ist natürlich mit Rad eine schlechte Idee. Auf der Straße fährt man zunächst in einem großen Bogen um ein anderes Tal weit herum. Etwa gegenüber von Ota sticht eine Straße zur Spelunca-Schlucht hinunter. An der Brücke in der Talmulde parken nun wieder Wanderer wie Badegäste, um in den Gumpen der Flüsse sich zu erfrischen. Unmittelbar neben der Spelunca-Schlucht gibt es eine weitere Schlucht mit leicht wanderbarem Weg und Badegumpen. Das Panorama auf rötliche Felsnadeln aus dem sprudelndem Gebirgswasser heraus betrachtet gehört in die Abteilung: „Musst du unbedingt probieren, gefällt immer und wirst du nicht mehr vergessen.“

Die Straße über Ota ist in recht schlechtem Zustand, sodass mich ein Elsässer Autofahrer (mit Frau), den ich kurz vorher am Brunnen in Ota getroffen hatte, auf dem Weg nach Porto runter mich nicht überholen traute und mich fragte, wie lange denn die Schlaglochstraße noch anhält. Ich musste ihn darauf verweisen, dass die flotte Durchgangsstraße gegenüber liegt. Wer vielleicht mit Rennradreifen unterwegs ist, sollte ggf. diese Strecke nicht fahren – womit man allerdings ein wunderbares Landschaftserlebnis auslassen würde. Neben der Spelunca-Schlucht (dort eine weitere Brücke) gibt es auch noch per kurzer Stichpiste die Genueser Brücke von Ota zu bewundern. Unter dem pittoresken Steinbogen lässt sich ebenfalls gut baden – hier mehr „See“ als Kaskaden.

Die Bucht von Porto kündigt sich ja eigentlich schon ab Evisa an, kommt mit dem Zwischenhochpunkt Ota wieder in Sicht. Porto ist auch kein echter Ort, sondern nur zwecks Tourismus entstanden – es gehört verwaltungstechnisch zu Ota. In Porto gibt es alle touristischen Versorgungseinrichtungen in vielfacher Ausführung. Der Camping Municipal liegt ganz unten quasi auf Strandhöhe, nur etwas im Flusstal zurückversetzt. Zwar gibt es viele Restaurants im Trubel um den Hafen rum, aber man findet auch etwas abseits noch schöne Essgelegenheiten. Das alles Auszuprobieren bedarf eines längeren Aufenthaltes – was sich durchaus lohnen kann – insbesondere für Sonnenuntergangsanbeter.

Bevor ich den Abend u. a. mit Jakobsmuschel-Tartar ausklingen lasse, steht noch ein großes landschaftliches Highlight auf dem Programm – auch wenn ich es schon mal gesehen habe. Ich fahre die Felsenwunderstraße durch die Calanche als Stichstraße bis Piana und wieder zurück. Es ist Abendzeit, Autos schon weniger, das einzige Bistro mitten in dem Felsenzoo ist bereits geschlossen. Einige haben Picknick mitgebracht für den Sonnenuntergang. Die Calanche bieten sprichwörtlich tierische Felsen in dezenten Farbtönen zwischen Rot, Ocker und Beige. Nicht nur Tiere sind da, auch Menschenköpfe, Felslöcher, sogar ein Kussmund und das wohl berühmteste Motiv – ein Herz mit Durchblick. Wer kann schon behaupten, dass man in Herzensangelegenheiten den Durchblick behält? verwirrt lach Viele Felsskulpturen haben Namen, die man am besten erfahrt, wenn man die ausgewiesenen Erkundungswege abläuft. Dazu sollte man dann aber tatsächlich einen Ruhetag in Porto einplanen. Nicht weniger eindrücklich ist aber das Erlebnis von der Straße aus. Tagsüber quälen sich hier sogar Busse und schwere Trucks durch das Steinlabyrinth.

Aber was schreib ich hier?! – Wie sagte der bayerische Wanderer in Tirol zu mir: „Du musst einfach doaaah gewesen sein!“ – Fahrt hin oder schaut wenigstens rein in die…

Bildergalerie zu Kapitel 4 (94 Fotos):



Fortsetzung folgt
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Matthias
Pedalgeist - Panorama für Radreisen, Landeskunde, Wegepoesie, offene Ohren & Begegnungen

Geändert von veloträumer (12.02.19 19:02)
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Korsika 2012 veloträumer 30.11.12 23:14
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