Ich denke, dass der ADFC evtl. schon jetzt mehr Pedelec-Fahrer vertritt als "Normal-Radler". Zumindest wird der Trend weiter dorthin gehen. Man kann das ja beobachten, wenn man nicht gerade auf exotischen und abgelegenen Wegen unterwegs ist. Von Jahr zu Jahr nimmt die Zahl der Pedelec-Fahrer zu und wenn ich z. B. ein Stück des Weser-Radwegs entlang fahre (wir wohnen ja direkt daneben), so habe ich manchmal das Gefühl, mit meinem nicht motorisierten Fahrrad ein Exot zu sein. Des Weiteren sehe ich ganz klar einen Trend zu immer massiveren Pedelecs, die mehr und mehr Mofas oder Mopeds gleichen. Das gilt auch für MTBs, wo man eigentlich zunächst vermuten würde, dass der Wunsch nach wenig Gewicht eine Rolle spielen sollte. Wenn aber der Motor hilft, auch große Massen den Berg hinaufzuwuchten, so scheint das an Bedeutung zu verlieren. Der ADFC könnte sich hierzu natürlich kritisch äußern, aber in gewisser Weise muss er sich wohl mit den Vorlieben seiner Mitglieder zurechtfinden.
Ich begrüße dies auch nicht, insbesondere, wenn Pedelecs als der Weg zum Energiesparen und als umweltfreundliches Fahrzeug hingestellt werden. Hier würde man auch mit weniger massiver Bauweise und der Nutzung eines "normalen Fahrrads" für kleinere Strecken mehr in diesem Sinne bewirken.
Gleiches beobachten wir aber doch auch in der Autobranche. Der SUV-Wahnsinn hat doch hier schon kräftig zugeschlagen und der ADAC wird hier wohl auch keine Anti-SUV-Kampagne starten. Die Autoindustrie verkauft natürlich gerne die teuren 2-Tonner. Ganz heuchlerisch finde ich z. B. die "umweltfreundlichen" E-Autos, die das Gewicht der Akkus nochmals zum Gewicht eines SUVs addieren. Hier hatte die deutsche Autoindustrie in Kenntnis ihrer Kundschaft schon von vorneherein einen Weg beschritten, der nicht wirklich die Umweltfreundlichkeit im Visier hatte. Während japanische Voll-Hybrid-, Hybrid- und E-Autos (z. B. von Toyota) immer auch als echte Energiesparvarianten zu haben waren, hat BMW und Co. den E-Motor gefühlt nur deshalb eingebaut, um einen noch kräftigeren Anzug beim Beschleunigen zu gewährleisten und sich gleichzeitig noch das Mäntelchen des "Umweltfreundes" umhängen zu können. Da wir nicht völlig auf ein Auto verzichten können, hatten wir uns für einen Voll-Hybrid von Toyota entschieden, der noch Größe und Gewicht eines "normalen Autos" aufweisen konnte und dessen etwas umweltfreundlicheres Nickel-Metallhydrid Akku klein ist und nur dazu verhilft, den Spritverbrauch auf im Schnitt vielleicht 4 Liter zu senken. Wir machen uns nicht vor, dass dadurch ein Auto zum großen Umweltfreund wird, aber wir distanzieren uns klar von dem SUV- und E-SUV-Schwachsinn. Während ich sehr tolerant bin, was die Nutzung von Pedelecs angeht, so fehlt mir diese Toleranz im Kraftfahrbereich vollständig. Allerdings ist natürlich auch dort Entscheidungsfreiheit zu akzeptieren, sie darf aber durchaus von Kritik begleitet werden. Diese wird aber wohl nicht vom ADAC kommen.
Ich denke, dass der ADFC der ADAC für Fahrräder ist und nicht völlig anders agieren dürfte. Dennoch finde ich, dass eine Vertretung von Fahrradinteressen wichtig ist. Es geht ja hierbei weniger um die Abgrenzung "Biobike"-"Pedelec", sondern um die Belange von Fahrrädern im "Zusammenleben" mit dem bislang immer noch klar übermächtigen Kraftfahrverkehr.
Gruß, Arnulf
"Ein Leben ohne Radfahren ist möglich, aber sinnlos" (frei nach Loriot)