2018 stürzte ich auf meiner letzten Radreise mit meinem stromlosen Reiserad in Portugal. Größere Blessuren im Gesicht mussten genäht werden. Zurück in Deutschland hatte ich immer noch Schmerzen in der Hüfte, die ich auf den Sturz zurück führte. Der aufgesuchte Arzt sah keine Hüftprobleme bei mir und schickte mich zu einer MRT Untersuchung. Das er den Verdacht auf Prostata Krebs hatte, verschwieg er mir. Bei der MRT Untersuchung verstärkte sich sein Verdacht. Die Prostata strahlte wie eine Sonne in mir bei der Kontrastuntersuchung. Die nächsten Wochen durchlief ich mehrere Bildgebende Verfahren und die Biopsie bestätigte dann die gewonnene Diagnostik. Von der Prostata ausgehend hatte sich ein Knochenkrebs Typ in meiner linken Hüfte eingenistet und verursachte durch Einklemmen der Nerven diese Schmerzen. In der Uni-Klinik Essen schlug man mir eine Chemo Therapie vor. Für eine operative Prostata Behandlung war es durch den streuenden Krebs zu spät. Mein Urologe war anderer Ansicht und wollte erst einmal eine Therapie mit Firmagon und Zytiga versuchen. Durch den dadurch bedingten Testosteron Entzug würde auch der Krebs ohne neue Nahrung langsam wieder verschwinden. Da diese Behandlung weniger Nebenwirkung hat, entschied ich mich für diesen Weg. Der Unfall war Ende November 2018 und der Beginn der Therapie im März 2019. Mittlerweile konnte ich mich durch das Knochenkrebsgeschwür nur noch auf zwei Krücken bewegen. 4 Wochen nach Behandlungsbeginn konnte ich schon fast wieder richtig laufen. Mehrere Physio Therapien waren nötig, um die Tätigkeit der Nerven wieder zu beleben und mir einen flüssigen Schritt zurück zu bringen. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte ich nur humpeln und hatte das linke Bein nicht richtig unter Kontrolle. Normales Radfahren wurde mir vom Urologen verboten. Er schlug mir vor, das ich ein Liegedreirad versuchen sollte. Damit könnte ich meine Muskulatur wieder aufbauen und meinen Gleichgewichtssinn verbessern, der auch beeinträchtigt war. Ich kaufte mir ein gebrauchtes HP Velotechnik Scorpion FX mit Go SwissDrive Antrieb. Die erste Fahrt war ernüchternd. Meine Muskulatur war so weit abgebaut, das ich die höchste Stromstufe benötigte um unseren kleinen Hügel mit 14 km/h zur Fahrt ins Grüne zu überwinden. Den schaffte ich sonst locker je nach Kondition zwischen 22-26 km/h. Von den 5 Stufen bewegte ich mich zu Beginn nur zwischen 3-5 und das auch in flachen Streckenabschnitten. Dies verbesserte sich aber schnell mit täglichem Training. Nach einem halben Jahr Liegedreirad konnte ich die Aufstehhilfen abbauen und verspürte auch eine Verbesserung vom Gleichgewichtssinn beim Gehen. Eine kurze 2 tägige Tour über Bahntrassen durch das bergische Land zeigte mir schnell meine Grenzen. Schon nach 60 km war der Akku leer und ich erreichte noch so eben das Hotel. Ich fühlte mich nach dem ersten Tag schlimmer, als nach meiner sonst üblichen Tourlänge zwischen 100-120 km. Es musste für längere Touren ein zweiter Akku an das Rad. Dieses 45 kg schwere Gefährt mit leichtem Gepäck konnte ich keinen Berg oder Hügel hinauf schieben, also benötigte ich einen zweiten Akku für meine Sicherheit. Drei Jahre trainierte ich damit meine Muskulatur und Ausdauer und die Stufe 4-5 wurden nur noch bei Steigungen über 6% benötigt. Vor 6 Wochen stellte ich meinem Urologen die beiden Fragen, wie lange diese Therapie noch andauert und ob ich wieder ein normales Rad fahren könnte. Mein Gleichgewichtssinn war wieder voll hergestellt und der Krebs verdrängt. Er hatte keine Bedenken gegen ein normales Rad, wenn es über eine gute Federung verfügt und es ein Pedelec mit moderater Körperneigung ist, damit die Prostata nicht wieder so stark belastet wird. Die Firmagon und Zytiga Therapie müsste ich weiter nehmen, damit dieser Zustand so bleibt. Das es so dramatisch mit dem Kauf eines neuen Pedelec ist, hatte ich bisher nicht mitbekommen. Nur ein MORRISON SUB 5.0 FS Tiefeinsteiger als Fully war in meiner Nähe bei einem Händler vorrätig. Meine Vorbehalte gegen einen Tiefeinsteiger waren schnell behoben. Das Rad läuft stabil und auch bei schneller Bergabfahrt war kein Flattern oder Unruhe im Lenker zu spüren. Es fährt sich wie ein Diamantrahmen. Da es mir mit meinen 69 Jahren ja noch länger Radtouren ermöglichen soll, habe ich es gekauft und bin nach nun 150 km immer noch begeistert. Der Sattel verfügt über einen Drop-Out und ermöglicht dadurch sicheres stehen bei einem Halt. Das Aufsteigen bei einem Tiefeinsteiger ist leichter und empfinde ich mittlerweile als sehr bequem. Ja, es ist doppelt so schwer wie mein bisheriges Reiserad, das in meinem Sohn in der Corona Zeit die Freude an der Radreise weckte. Aber damit bin ich wieder beweglicher und kann auch kurze Reisen planen. Mit der ersten Akkuladung schaffte ich 117 km bei 12 km Restreichweite und damit kann ich Tagesetappen zwischen 70-80 km planen. Meine alten Streckenlängen sind Geschichte, aber dafür habe ich wieder Spaß am Radfahren. Die Liegedreirad Zeit hat mir meine Lebensqualität zurück gebracht, aber auch die Erfahrung, das ich es nun etwas langsamer angehen muss.