17. Tag, St.Paul-de-Fenouillet – Formiguères

Die ersten etwa zwei Drittel der heutigen Etappe bin ich zwei Jahre später, 2013, nochmal gefahren (und habe auch auf demselben Campingplatz in St.Paul-de-Fenouillet übernachtet). Da die Bilder von der späteren Tour wesentlich besser gelungen sind, verwende ich sie hier statt der „originalen“. Der aufmerksame Leser möge sich also nicht wundern, wenn die Packtaschen am Rad auf den folgenden Fotos plötzlich anders aussehen.

In unmittelbarer Nähe des Zeltplatzes erhebt sich eine imposante Felswand.



Zum Frühstück begebe ich mich wieder auf den hübschen Dorfplatz von St.-Paul.



Nun geht es mit kaum merklicher Steigung auf der D 117 Richtung Axat. Die Straße ist gut ausgebaut, der Autoverkehr hält sich in Grenzen. Linkerhand erstreckt sich der Gebirgszug der Fenouillèdes, rechts verlaufen parallel die Corbières.





Historisch verbunden ist die Gegend mit der Geschichte der Katharer, jener mittelalterlichen Glaubensgemeinschaft, deren Mitglieder als Häretiker verfolgt wurden und die hier ihr letztes Rückzugsgebiet hatten. Eine Info-Tafel weist daher auf eine der zahlreichen in der Region vorhandenen Katharer-Festungen hin, die Burgruine von Puilaurens,



die man sich kurz darauf hoch über dem Tal erheben sieht.



Ich erreiche die Aude, entlang derer nun auf der D 118 endgültig mein Anstieg in die Pyrenäen beginnt.





In Axat an der Aude stärke ich mich für den Anstieg mit einem Steak.



Kurz hinter Axat zwängen sich die Aude und die D 118 durch eine sehr kurze, sehr enge, sehr spektakuläre Schlucht, die Gorges de St.-Georges.







Die D 118 stellt sich erwartungsgemäß als gute Wahl für die Auffahrt in die im Grenzgebiet zwischen Frankreich und Spanien gelegene Hochebene der Cerdagne heraus; die Landschaft ist beeindruckend, die Steigung ist überwiegend moderat, und störender Kfz-Verkehr findet fast gar nicht statt.







Auf meiner Radtour 2013 habe ich die D 118 bei Usson verlassen Richtung Col de Pailhères (2000 m), so dass ich ab hier wieder die Bilder der Paris-Barcelona-Reise von 2011 verwende, die ja der Gegenstand dieses Berichts ist.

Die weiter dem Tal der Aude aufwärts folgende D 118 gewinnt im weiteren Verlauf durch bewaldete Hänge über einige Serpentinen an Höhe. Oberhalb der Baumgrenze weitet sich das Tal und eröffnet den Blick auf die umliegenden Berggipfel. Ich befinde mich nun im Hochgebirge auf gut 1300 Metern Höhe, auch wenn die Landschaft nicht wirklich diesen Eindruck vermittelt.





Es wird nun langsam Zeit, nach einem Schlafplatz Ausschau zu halten. Im Ort Puyvalador werde ich nicht fündig, aber in Formiguères (ca. 1400 m) gibt es einen Campingplatz. Er ist an einem steilen, bewaldeten Hang gelegen, mit schmalen, terrassenförmigen Parzellen für die Zelte.



Im einzigen Gasthaus des Ortes belohne ich mich mit einem leckeren Abendessen; draußen sitzen, wie es bisher auf der Reise praktisch jeden Abend möglich war, kann man aber aufgrund der in dieser Höhe zu dieser Jahreszeit doch recht kühlen Witterung nicht. Meine Befürchtung, dass ich während der höchstgelegenen Übernachtung der Reise in meinem Zelt frieren muss, bestätigt sich aber nicht.

18. Tag, Formiguères – Puigcerdà

Heute steht nur eine kurze Etappe auf dem Programm. Ich werde nur die knapp 40 km bis zur Grenze fahren, die zwischen dem französischen Ort Bourg-Madame und dem benachbarten, spanischen Puigcerdà verläuft. Es geht also weiter auf der D 118 hinauf in die Cerdagne. Den wesentlichen Teil der Höhenmeter habe ich allerdings bereits gestern gemeistert. Da ich dieses Jahr (2016) auf einer Pyrenäen-Radreise einen Teil der heutigen Strecke erneut gefahren bin, verwende ich zum großen Teil die neuen Bilder.

Formiguères



Durch das weite Hochtal der Aude geht es also mit mäßiger Steigung weiter, vorbei am Stausee Lac de Matemale



und über den 1713 m hohen Col de la Quillane, den ich gar nicht wirklich als Pass wahrnehme.

Ich erreiche das gut 1500 m hoch gelegene hübsche Festungsstädtchen Mont-Louis, wo ich eine Kleinigkeit zu Mittag esse und mich im von mächtigen Fortifikationen umgebenen historischen Ort umsehe. Die Festung wurde von Vauban, dem Militärbaumeister Ludwigs des XIV (seine zahlreichen Festungsbauwerke sind fast überall in Frankreich zu bewundern) zur Sicherung des Grenzgebiets und der Verkehrswege nach Spanien im 17. Jahrhundert errichtet. Die Zitadelle wird noch heute vom französischen Militär genutzt.








Mont-Louis liegt am Fluss Têt, knapp unterhalb seiner Quelle, die Grenze zu Spanien ist nicht mehr weit. Hier treffe ich wieder auf die N 116, der ich seit vorgestern, ab Ille-sur-Têt, als direktere Route hinauf in die Pyrenäen hätte folgen können. So wie sich auch die Schmalspurbahn (Ligne de Cerdagne) von Villefranche-de-Conflent, dem Endpunkt der von Perpignan kommenden Normalspurstrecke, das Têt-Tal aufwärts schlängelt. Das heute überwiegend touristisch genutzte Bähnchen wird wegen der gelben Farbe seiner Fahrzeuge liebevoll „le Petit train jaune“ genannt und von Eisenbahnfreunden wegen seiner technischen Besonderheit, der sonst nur bei U- und S-Bahnen üblichen Elektrifizierung per seitlicher Stromschiene, als „Pyrenäenmetro“ bezeichnet. Die Linie quert kurz hinter Mont-Louis die N 116, auf der ich nun unterwegs bin, und Schilder warnen eindrücklich vor dem Berühren der Stromschiene.





Kurz darauf erreiche ich mit dem Col de la Perche die Hauptwasserscheide der Pyrenäen zwischen der Têt und dem Hauptfluss der Cerdagne, dem Sègre, der in den Ebro fließt. Der 1581 m hohe Übergang vom breiten, flachen Tal der Têt in das ebenso breite und flache Hochtal der Cerdagne (katalanisch Cerdanya) ist allerdings kaum wirklich als Pass wahrzunehmen. Nun geht es weiter auf der N 116 Richtung spanischer Grenze.





Die Landschaft der Cedagne ist ein weites, auf über 1000 m Höhe gelegenes Talbecken, umgeben von den über 2000 m aufragenden Pyrenäengipfeln. Hier im Vordergrund die Strecke des Petit train jaune; der weiße Gebäudekomplex in der Bildmitte ist der Four solaire d’Odeillo, eine der weltgrößten Solarenergie-Versuchsanlagen der Welt.



Der „Sonnenofen“ bündelt das Sonnenlicht von riesigen parabolförmig angeordneten Spiegeln in der Mitte der Anlage und erzeugt dort die für die Stromgewinnung genutzte Hitze. Ich habe die Anlage auf meinem Foto erst im Nachhinein anlässlich eines Bilderrätsels hier im Forum entdeckt.



Die N 116, der ich weiterhin folge, und ein Tunnel der Schmalspurstrecke; gut zu erkennen die Stromschiene neben dem Gleis.



Kurz hinter Saillagouse geht es dann abwärts nach Bourg-Madame, dem auf gut 1100 m Höhe gelegenen Grenzort zu Spanien.







Nach Durchquerung des kleinen Städtchens überquere ich die Grenze und erreiche den direkt anschließenden spanischen Nachbarort Puigcerdà.



Die wirklich sehenswerte Altstadt von Puigcerdà erreiche ich über steile Gassen; sie liegt auf einer Hügelkuppe, von der aus sich ein weiter Blick über die Cerdagne (ab hier natürlich: Cerdaña, ich muss mich ab jetzt ja sprachlich umgewöhnen; oder am besten gleich katalanisch: Cerdanya) bietet.



Für die Übernachtung quartiere ich mich aber auf der französischen Seite in Bourg-Madame ein, weil es dort einen Campingplatz gibt.

Nach dem Zeltaufbau ist noch reichlich Zeit, die ich für einen Abstecher zum einige Kilometer weiter gelegenen Grenzbahnhof Latour-de-Carol - Enveitg nutze. Ich möchte ihn mir ansehen wegen der eisenbahntechnischen Besonderheit, dass dort Bahnlinien mit drei verschiedenen Spurweiten zusammentreffen: Zum einen ist es der Grenzübergang der einzigen Bahnlinie, die die Pyrenäen überquert (die Hochgeschwindigkeitslinie Perpignan-Barcelona war zu dem Zeitpunkt noch im Bau), die allerdings nicht durchgehend befahren werden kann, weil hier die iberische Breitspur von Barcelona kommend auf die französische Normalspur von Toulouse kommend trifft, so dass hier ein Umsteigen erforderlich ist. Zum anderen ist der Bahnhof Endpunkt der Meterspurstrecke des Petit train jaune.

Den Tag lasse ich auf dem zentralen Platz in der Altstadt von Puigcerdà mit einer Pizza ausklingen. Das „Umschalten“ vom Französischen, das ich nun die vergangenen gut zwei Wochen täglich gesprochen habe, zum Spanischen fällt nicht allzu schwer.

Fortsetzung folgt…