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#1258166 - 05.01.17 09:27 Bandar Abbas nach Chabahar und Gvatr
zaher ahmad
Mitglied
Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 2.164
Dauer:
Zeitraum:
Entfernung:950 Kilometer
Bereiste Länder:irIran

Die Südost-Ecke des Iran ist touristisch ein ziemlich unbeschriebenes Blatt. Lediglich die wegen Überfall- und Entführungsrisiken verrufene Transitroute von Kerman über Bam und Zahedan nach Pakistan wird regelmäßig von Ausländern frequentiert. Allerdings wird dort vom Radfahren dringend abgeraten, nachdem es vor Jahren mal zu einem Zwischenfall kam.

Warum fährt man dann doch nach Balutschestan? Vielleicht hat es was damit zu tun, dass die Region sehr interessant ist, sich durch eine Bevölkerungsgruppe mit eigener Kultur und Sprache auszeichnet, die sich vom Rest des Landes unterscheidet, und weil letztlich einige Gespräche mit Menschen, die näher am Geschehen dran sind, zu der Erkenntnis geführt haben, dass nicht ganz Balutschstan von den oben genannten Problemen betroffen ist. Zudem bot sich die Küstenstrecke zwischen Bandar Abbas und Chabahar als logische Fortsetzung der letzten beiden Reisen entlang des Persischen Golfs an.

Bandar Abbas bis Minab ist einfach und langweilig zu fahren auf der Schnellstraße mit starkem LKW-Transitverkehr Richtung Afghanistan/Zentralasien. Besser alternativ über Takht und die umliegenden Dörfer. Das sind dann insgesamt 140 km, ist aber ausgesprochen hübsch und lohnend. Ein Abstecher zu einer naturbelassenen heißen Quelle ist auch noch drin. In Minab gibt es zwei Hotels.



Heiße Quelle in der Nähe von Takht

Von Minab nach Jask gibt es zwei Varianten:
1. Die von Horst ausprobierte durchs Hinterland (die eigentlich mein Favorit war) und die auf Openstreetmap auch korrekt eingetragen sein sollte, im Gegensatz zu Gmaps, wo völliger Blödsinn verzeichnet ist)
2. Entlang der Küste über Sirik. Da ich in der Nähe von Sirik (dort gibt's auch ein Hotel, ca. 80 km ab Minab) einen Kontakt mit Übernachtungsgelegenheit hatte, ging's eben da lang. Landschaftlich ausgesprochen lohnend, was bei einer Flachstrecke mit langen Geraden nicht unberdingt zu erwarten ist.



Morgenstimmung mit Nebel in der Küstenwüste




Die Wolken lichten sich




Langweilig ist hier gar nichts

In Jask (140 km ab Sirik) gibt es genau ein Hotel, das leider nicht ganz billig ist (200.000 Toman fürs Doppelzimmer, im Dez. 2016 entsprach das ca. 50 EUR).

Zwischen Jask und Chabahar gibt es keine Hotels oder Gasthäuser, so dass man dort entweder Zelten muss oder auf die Gunst der Einheimischen angewiesen ist. Größere Orte mit guten Versorgungsmöglichkeiten sind Lirdaf nach 120 km, Zarabad nach 180 km und Kahir nach 270 km.
Die Strecke ist durchweg sehr schön zu Fahren, links bilden wilde Berglandschaften die Kulisse, rechts gibt es immer wieder mal einen Blick zum Meer und zwischendrin kommt man an kleinen Dörfern vorbei, wo es meist Eis und anderen Krimskrans zur Erfrischung bei furchtbar netten Menschen in weißen Gewändern zu kaufen gibt. Ab und zu geht's durch Oasen, wie etwa 15 km vor Zarabad, wo sehr leckere kleine Bananen angebaut werden. Überhaupt gibt es dort unten Früchte, die man sonst im ganzen Land nirgends kennt, wie etwa Guaven. Alles ist sehr gelassen und entspannt, von Sicherheitsproblemen merkt man auf der Durchreise nichts. Checkpoints der Grenzwachen sind vorhanden, aber selten, und unproblematisch zu passieren.
Die Strecke ist komplett asphaltiert, wenn auch bis Lirdaf teilweise in einem erbärmlichen Zustand.

Lohnende Abstecher von der Hauptstraße gab es zwischen Zarabad und Kalat entlang der Küste und bei Birdaf und Bandar Tang zwecks des Besuchs eines Schlammvulkans (Gelfeshan). Die waren teilweise nicht asphaltiert, aber immer sehr gut und flüssig zu fahren.

Aus unerfindlichen Gründen gab's dann ca 50 km vor Chabahar eine Polizeieskorte, die sich aber angenehm unauffällig im Hintergrund hielt. War vielleicht Zufall...
Von Jask nach Chabahar sind es etwa 360 km.



Auf dem Weg zum Schlammvulkan




Moschee in Tis/Tees/Tiss




Würgefeige

Chabahar selbst teilt sich auf in die eigentliche Stadt und die nördlich davon gelegene Freihandelszone. In letzterer gibt es ein paar Luxushotels und klimatisierte Shoppingmalls, in ersterer einen eher indisch anmutenden Bazar und einen Hafen mit tollen traditionellen Schiffen (Lenj ist das persische Pendant zur arabischen Dhau)



Lenj im Hafen von Chabahar

Da noch ein bisschen Zeit übrig war, ging es als Tagesausflug noch gut 100 km weiter nach Osten. Die Strecke entlang der Küste über Beris nach Pasabandar ist sehr lohnend, führt sie doch an kilometerlangen einsamen Sandstränden vorbei, die zum Baden einladen, und zugleich hat man auf der gegenüberliegenden Seite unmittelbaren Kontakt zu den endlosen Badland-Landschaften der Marrikhi-Berge. Pasabadar hat einen sehr sehenswerten großen und aktiven Fischereihafen. Ganz offensichtlich findet auch reger Austausch mit Pakistan statt, das nur ein paar Kilometer entfernt auf der anderen Seite der Bucht von Jiwani beginnt. Da Balutschestan infolge der britischen Grenzziehung seit 1871 geteilt ist, bleibt für die Einheimischen hier nur der illegale Grenzübertritt. Weil Sprache, Aussehen und Kleidung aber auf beiden Seiten sehr ähnlich sind, geht das wohl problemlos.
Für Ausländer ist hingegen spätestens 15 km weiter beim Ende der Straße am iranischen Grenzposten Gvatr/Gvater/Guvater (viele verschiedene Schreibweisen) Schluss. Ohne Permit aus Chabahar kommt man auf kein Boot (man kann sich die Mangrovenwälder anschauen und mit Glück eines der Gandokrokodile sehen), und der Pass muss beim Posten hinterlegt werden. Kein Grenzübergang nach Pakistan!
Da gerade Ostwind herrschte, wurde die Hinfahrt nach Gvatr mit dem Taxi ab Chabahar bewältigt (80.000 Toman), und mit dem Rad wieder zurückgefahren.



Gvatr - das Ende vom Iran




Küstenstraße mit typischem Verkehrsmittel




Endlose Traumstrände




Badlands am Straßenrand




Marrikhi-Berge




Mangroven bei Gvatr

Die Gesamtstrecke von Bandar Abbas bis Chabahar beträgt ca. 750 km auf der Hauptstraße. Dazu kommen dann nochmal gut 100 km bis Gvatr.

Obwohl im Iran westliche Winde vorherrschen, war das diesmal nicht der Fall, und der Wind kam tageszeitlich wechselnd aus unterschiedlichen Richtungen, jedoch meist morgens aus Norden und am Nachmittag eher von Süden.

Verkehr ist auf der gesamten Strecke eher wenig, abgesehen vom ersten Stück ab Bandar Abbas bis zum Abzweig der Straße 98 bei Hasan Langi. Wie oben geschrieben, ist dort eine weiträumige Umfahrung über die nördlich am Gebirgsfuß gelegnenen Oasendörfer vorzuziehen. Die Hauptstrecke ist bis kurz hinter Minab als vierspurige Schnellstraße ausgebaut, großenteils mit Randstreifen. Weiter bis Jask zweispurig, aber bis auf 50 km durchgehend mit breitem Randstreifen. Die Verkehrsdichte nimmt hinter Minab merklich ab. Weiter hat man nach Jask noch gut 10 km den selben Ausbauzustand, dann wird die Straße schmaler und schlechter Belag kommt häufig vor. Randstreifen gibt es keinen mehr, dafür auber auch kaum noch Verkehr. Ab und zu findet man Neubaustücke mit gutem Belag und Randstreifen. Auch der alte BElag wird besser, wenn man Lirdaf mal hinter sich gelassen hat. 40 km vor Chabahar mündet man in die gut ausgebaute und stärker befahrene Verbindung nach Konarak ein. Es sieht so aus, als ob die ganze Strecke von Jask bis zu dieser Einmündung in den nächsten Jahren neu trassiert und ausgebaut wird., derzeit ist die Bauaktivität aber sehr verhalten.
Die Temperaturen bewegten sich tagsüber zwischen 25 und 30 Grad, kühler war es nur zu den frühen Morgenstunden.
Tankstellen mit Läden in der Nähe oder kleinere Dörfer mit Versorgungsmöglichkeit kommen doch recht häufig, teilweise sind sie auch ein paar Kilometer von der Hauptstrasse entfernt. Grundsätzlich braucht man aber nicht mehr Wasser als für einen halben Tag mitnehmen, zu Essen findet sich auch meist was. Den Kocher habe ich lediglich einmal benutzt, ansonsten gab es Einladungen oder Restaurants/Fastfood.
Die Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft der Balutschen entlang der Makranküste war schier unglaublich. Zu keiner Zeit gab es unangenehme Situationen. Im Gegenteil, die ehrliche Freude und Anteilnahme an den Durchreisenden verrückten Radlern war deutlich zu spüren. Vielleicht auch, weil Ausländer dort noch was sehr exotisches sind. Entsprechender Respekt und rücksichtsvolles Verhalten bei allfälligen Einladungen sollte natürlich selbstverständlich sein, zumal die Menschen in den Dörfern teilweise unter sehr harten Bedingungen leben und oftmals ziemlich arm sind.
Auch wenn die Balutschen ihre eigene Sprache sprechen, können die allermeisten ordentlich Persisch. Englischkenntnisse sind hingegen fast nicht vorhanden. Ein brauchbarer Grundwortschatz der persischen Sprache scheint mir zumindest sehr hilfreich, wenn nicht unabdingbar zu sein.

In der Erinnerung bleibt eine außergewöhliche Reise mit äußerst interessanten und unterhaltsamen Begegnungen durch eine landschaftlich und kulturell spannende Region.

NB:
Die Sicherheitslage kann sich rasch ändern. Die Reise fand im Dezember 2016 statt, und es erschien mir problemlos. Allerdings war ich mir bewußt, dass dies auch anders sein könnte und ggf. Teile der Strecke nur mit Polizeieskorte oder gar nicht radelnd zurückgelegt werden können. Daher bitte unterwegs regelmäßig nach der Sicherheitslage erkundigen und den erhaltenen Ratschlägen folgen!

Geändert von zaher ahmad (05.01.17 09:37)
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#1258192 - 05.01.17 10:44 Re: Bandar Abbas nach Chabahar und Gvatr [Re: zaher ahmad]
Jakob
Mitglied
abwesend abwesend
Beiträge: 615
Bin begeistert!
www.bike-nord.de ...Reisen in die Arktis, Antarktis, nach Island, Skandinavien, Iran und den Oman
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#1258195 - 05.01.17 10:46 Re: Bandar Abbas nach Chabahar und Gvatr [Re: Jakob]
grenzenlos
Mitglied Übernachtungsnetzwerk
abwesend abwesend
Beiträge: 906
In Antwort auf: Jakob
Bin begeistert!


Ich auch schmunzel
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#1258197 - 05.01.17 10:51 Re: Bandar Abbas nach Chabahar und Gvatr [Re: zaher ahmad]
memy
Mitglied
abwesend abwesend
Beiträge: 719
Vielen Dank!

Ich hoffe ich schaffe das nochmal...
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#1258204 - 05.01.17 11:24 Re: Bandar Abbas nach Chabahar und Gvatr [Re: memy]
zaher ahmad
Mitglied
Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 2.164
In Antwort auf: memy
Vielen Dank!


Bitteschön, gerne schmunzel

Grüße

zaher
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#1258214 - 05.01.17 12:06 Re: Bandar Abbas nach Chabahar und Gvatr [Re: zaher ahmad]
zaher ahmad
Mitglied
Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 2.164
Ganz vergessen, aber als Zusatzinfo evtl. ganz interessant:

Von Chabahar gibt es zwei Mal wöchentlich eine Schiffsverbindung rüber in den Oman, ich glaube Dienstag und Freitag (ohne Gewähr). Einzelheiten habe ich aber nicht überprüft.
Man kann damit der Sackgasse am südöstlichen Ende des Iran elegant entkommen.

Zudem gibt es Flüge ab Konarak nach Zahedan, Bandar Abbas, Mashhad und Tehran, sowie Muscat/Oman.

Direktbusse gibt es nach Zahedan, Mashhad und Tehran.

Grüße

zaher
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#1258274 - 05.01.17 16:01 Re: Bandar Abbas nach Chabahar und Gvatr [Re: zaher ahmad]
wattkopfradler
Mitglied
abwesend abwesend
Beiträge: 1.944
Einfach klasse. Vielen Dank für den Bericht. bravo
Viele Grüße
Armin
__________________________________________________
Freund der leisen Fortbewegung
https://goo.gl/photos/anunwfQyc615NPTV7
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#1258327 - 05.01.17 18:43 Re: Bandar Abbas nach Chabahar und Gvatr [Re: zaher ahmad]
indomex
Mitglied Übernachtungsnetzwerk
abwesend abwesend
Beiträge: 1.450
Sehr schöner Bericht, gefällt mir ausgesprochen gut. Danke dafür.

LG, Peter
Leben und leben lassen
Liebe Grüße, Peter
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#1258420 - 06.01.17 09:17 Re: Bandar Abbas nach Chabahar und Gvatr [Re: zaher ahmad]
wpau
Mitglied
abwesend abwesend
Beiträge: 190
Bandar Abbas ruft bei mir eine nicht so schöne Erinnerung hervor. Im Juni/Juli 1988 waren wir dort für die Inbetriebnahme und Abnahme eines Schwimmdocks, die sich durch die arabische Mentalität der Iraner zeitlich verzögerte.

Wir waren nicht so erbaut, als wir merkten, das wir am 3. Juli 1988 nicht zurück nach Deutschland fliegen konnten. Die Verzögerung stellte sich als Glücksfall heraus, da dieser Airbus Iran-Air-Flug 655 (IR655) vom US-Kriegsschiff USS Vincennes abgeschossen wurde und alle Passagiere an Bord starben.

Die Iraner vor Ort habe ich nur als nett, aufgeschlossen und Gastfreundlich in Erinnerung. Nur die Temperaturen dort im Juli waren schon sehr extrem.

Die dortige, karge Landschaft würde mich nicht zu einer Radtour inspirieren.

Geändert von wpau (06.01.17 09:19)
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#1258551 - 06.01.17 18:30 Re: Bandar Abbas nach Chabahar und Gvatr [Re: zaher ahmad]
dhomas
Mitglied
abwesend abwesend
Beiträge: 1.875
Schöner Bericht, dankeschön!
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#1258558 - 06.01.17 18:59 Re: Bandar Abbas nach Chabahar und Gvatr [Re: wpau]
hopi
Mitglied
abwesend abwesend
Beiträge: 5.381
In Antwort auf: wpau
. . die arabische Mentalität der Iraner . . . .
na, sag das aber bitte keinem Iraner! Nach meiner Erinnerung konnte während meines längeren beruflichen Aufenthaltes im Iran schon die Bezeichnung des persischen Golfs als arabischer Golf durchaus längere Diskussionen auslösen die seitens der Iraner immer mit der Feststellung endeten, dass es doch selbstverständlich sei, dass es der persische Golf ist.
Aber die nächste Aussage kannst Du selbstverständlich gegenüber jedem Iraner machen:
Zitat:
Die Iraner vor Ort habe ich nur als nett, aufgeschlossen und Gastfreundlich in Erinnerung
und so ist es ja auch. Und wie wir aus Zahers Bericht entnehmen können, gilt das ja auch noch heute! Vielleicht sollte ich trotz meines inzwischen recht fortgeschrittenen Alters doch mal eine zumindest kurze Radreise durch einen passenden Teil Irans machen. schmunzel
"If you want something done, do it yourself."
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