Re: Kaufberatung: Singletrails fahren mit Reiserad?

von: stuntzi

Re: Kaufberatung: Singletrails fahren mit Reiserad? - 12.02.18 20:07

In Antwort auf: Helmi72
Aber auch der Zorrocarry ist ne Spitzenerfindung. Ich lese gerade ein paar Reiseberichte vom Stuntzi. Absolut bewundernswert, was der mit seinem Fully und dem wenigen Gepäck gefahren ist!!

So wenig ist das gar nicht: 35L Rucksack, drunter passt noch das Zelt in nem Packsack, dazu ne Lenkerrolle in gewünschter Größe. Da geht schon was, wenigstens verglichen mit den üblichen "Bikepacking"-Taschen, die ich alle mehr oder weniger unpraktisch finde. Ist sicher Geschmackssache. 3-4 Tage Essen sind schon drin, wenns sein muss. Wasser maximal 48 Stunden, je nach Leidensfähigkeit. Mit Packtaschen am Gepäckträger kann man vom Volumen her natürlich nicht konkurrieren, aber das ist ja auch nicht Sinn der Sache.

Der große Unterschied von Zorrocarry zu Bikepacking-Taschen und allen anderen Setups: Du fährst unterwegs zwei völlig unterschiedliche "Konfigurationen": Auf Straßen/Pisten/Uphills und sonstigem Spielkram sitzt der Rucksack auf dem Gepäckträgerstummel und du bist rückenfrei beim strampeln. Der hohe Schwerpunkt und Gewicht am Bike stören bei leichtem Gelände nicht... auf einem Fully ist der Kram ja auch freundlich gefedert.

Auf schwierigen Singletracks (und Bergauf-Schiebe/Tragestrecken) willst du dagegen ein möglichst leichtes Fahrrad... und die Sattelstütze maximal versenken können. Dann klickst du einfach den Rucksack aus und setzt ihn dir auf den Rücken, das dauert keine zwanzig Sekunden. Je nach Schwierigkeitsgrad der Abfahrt kann man dann auch noch Lenkerrolle/Zelt aussen an den Rucksack schnallen. Ergebnis ist ein waschechtes Fully unterm Hintern, ohne Kompromisse beim Handling.

Du willst bis S2 fahren... dann ist sowas ein durchaus sinnvolles Setup. In den USA würd ich mir btw keinen großen Kopf machen, verglichen mit den Alpen sind dort fast alle Singletracks technisch leicht. Arizona-Trail, Colorado-Trail, Utah-Kram, etcpp, im Prinzip alles S0-S1. Die Rockies sind einfach viel älter als die Alpen und demzufolge auch viel abgeflachter. Spitzkehren auf amerikanischen Weitwanderwegen musst du schon mit der Lupe suchen... und wirst doch wochenlang keine finden :-).

Darum stehen die US-Amerikaner wahrscheinlich auch so auf die Bikepacking-Taschen-Geschichten. Einfache Trails die zudem oft zwischen hoch und runter wechseln... da macht sowas einigen Sinn. Die fährt man zur Not auch mit Starrgabel und/oder Fatbike-Flummi-Reifen.

Du hast außerdem Südamerika angesprochen: Da sieht die Sache etwas anders aus. Wenn du den Kontinent der Länge nach durchfährst, wirst du zu 95% auf Pisten (teils holprig) unterwegs sein. Richtige "Singletracks" findest du dann auf den bekannten Trekking-Routen, hauptsächlich in Peru (Salkantay, Santa Cruz, Huayhuash etc). Die sind dann aber auch gleich richtig knackig, da würdest du dich über ein richtiges Fully freuen. Mit einem ungefederten Rad wären diese Wege kaum sinnvoll zu meistern.

Neuseeland widerum ist pures Flowcounty, alles Spiel und Spaß und problemlos mit einem Hardtail.

Packtaschen würde ich für deine Vorhaben eher nicht empfehlen. Aber dann ist das Topic des Threads eventuell falsch gewählt. Statt "Singletrails fahren mit dem Reiserad" sollte es lieber "Reiseradln mit dem Mountainbike" heissen :-).

Kurz noch zum Material: Was anderes als Carbon käme bei mir nicht mehr in Frage. Verglichen mit Aluminium absolut unkaputtbar... bei etwa zehn zerstörten Aluminiumrahmen hab ich da einige Erfahrung. Bei Carbon hab ich noch nix kaputt bekommen... und mein Material hats generell nicht leicht mit mir.