Re: Wie seid ihr zum Radreisen gekommen?

von: BikeZombie

Re: Wie seid ihr zum Radreisen gekommen? - 24.11.09 17:45

Hallo,

nachdem ich mir beim Lesen der Beiträge den einen oder anderen Schmunzler nicht verkneifen konnte, nun also "mein Senf":

Als ich genau zu meinem fünften Geburtstag ohne Stützräder fahren konnte, reichte mir der Horizont unserer Siedlung vollkommen aus, um auf Abenteuer-Reise zu gehen. Erst, nachdem sich auch mein Vater ein Rad zugelegt hatte, ergaben sich erste kleine Ausflüge.

Statt des ersehnten Polo-/Bonanzarades hatte ich nur ein 20"-Klapprad, das ich nach und nach aufmotzte (Bananensattel, Bonanzalenker, Huret-Tacho). Die "Touren" erstreckten sich meistens auf 35-40km und führten immer durch das ausgedehnte Waldgebiet südlich von Duisburg.

Als ich dann mit elf Jahren einen der damals hippen "Halbrenner" (MARS 5-Gang Kette) bekam, änderte sich daran kaum etwas. Zu meinem 14. Geburtstag hatte ich mir ein Hollandrad gewünscht, der Sinn stand mir nun nach was Solidem. Bereits eine Woche nach dem Kauf konnte ich meinen Vater dazu überreden, mit mir mal eine richtig große Tagestour zu fahren.

Es ging von Duisburg nach Roermond (NL) und zurück, mein Vater nach wie vor auf seinem Singlespeed-Kaufhaus-Rad, ich immerhin mit Torpedo-Dreigang. Nach 161km war mein Vater restlos am Ende, bei mir war der einzige begrenzende Faktor der miese Sattel - ich konnte zum Schluss einfach nicht mehr sitzen.

Eine Woche später fuhren wie nach Holland (irgendwo in die Umgebung von Nijmwegen), um dort Großonkel und -tante zu besuchen. Einen Tag rund 120km hin, einen Tag dort, am nächsten Tag zurück. Danach kehrte erst mal Ruhe ein. Ich fuhr zwar weiterhin mein Freizeit-Pensum, aber Mehrtages-Touren standen überhaupt nicht zur Debatte.

Dieser Zustand hielt - mit mehreren Fahrrad-Käufen und -Verkäufen - bis zum Beginn meiner Ausbildung an. Da sich aus meinem Freundeskreis niemand für Touren oder Fahrräder überhaupt erwärmen konnte, passte ich mich dem Gruppenzwang an und begann mit meiner "Party".

Es folgten der Führerschein, ein paar Motorräder, der Verlust des Führerscheines - der unaufhaltsame Absturz in Alk und Drogen. Während dieser Epoche flackerte die alte Liebe zum Rad sogar mal kurz wieder auf, doch schon bald hatte ich körperlich so rapide abgebaut, dass praktisch nur noch die Befriedigung meiner Sucht im Vordergrund stand.

Tja, und nach meiner Entgiftung ging es - als der Dämmerschleier vollständig von mir gefallen war - wieder in "die Vollen". Wegen einer nicht bewilligten Therapie blieb mir eigentlich gar nichts Anderes übrig, als mir selber einen Ersatz zu schaffen. Mit einem 60er-Jahre-Tourenrad für 20 Mark knüpfte ich dort wieder an, wo ich 15 Jahre zuvor meine Liebe schmählich verlassen hatte.

Vor dreizehn Jahren fuhr ich im Sommer endlich meine erste einwöchige Tour. Und zwar nach Texel. Mit Hilfe einer Karte im Maßstab 1:5.500.000 - nämlich der in meinem Taschenkalender grins. Tja, und da hatte es mich auch schon gepackt . . .

Gruß, Paule