Re: Was bedeutet Euch Eure Heimat?

von: hummelchen

Re: Was bedeutet Euch Eure Heimat? - 03.02.08 05:56

also ich kann Claudius' Erfahrungen schon ziemlich gut nachvollziehen - obwohl ich bayrisches Blut in den Adern habe!

Lasst mich mein Verständnis -und damit vielleicht auch mein Heimatgefühl- erklären:

Ich bin im nördlichen Unterfranken (Rhön) geboren, meine Mam aus der Gegend um Landshut und auch mein Paps kein echter Rhöner. In der Rhön habe ich meine (Schul)Freunde und auch liebgewonnene Orte, hier sind meine Kindheitserinnerungen und hier lebe ich auch inzwischen wieder.
Allerdings wollt ich als Grundschüler schon weg von hier - nach Niederbayern (Ich habe meine Energie darauf konzetnriert, auf's Gymnasium zu gehen, weil ich darin die Chance gesehen habe, die karge Rhön irgendwann verlassen zu MÜSSEN). All meine Ferien hab ich dort bei Oma und Opa, Tante und Onkel verbracht und hab die niederbayerischen Charaktere genauso schätzen und lieben gelernt, wie die Stadt Lanshut mit allem drumrum.
Mit 19 bin ich dann auch hin gezogen - und hab an meinem Arbeitsplatz keinen Fuß auf den Boden bekommen. Ich hab als Unterfränkin ähnliche Erfahrungen gemacht, wie sie jetzt wohl "Ossis" machen. Als würd ich ihnen was wegnehmen wollen: Arbeit, Männer, Macht.... was weiß ich. Außerdem war mein Bayrisch nicht ganz akzentfrei - leider kann ich aber unter lauter Bayern auch nicht fränkisch reden. Ich kanns einfach nicht. Also noch ein Grund, an mir rumzumäkeln: "warum red'st'n so g'spreizt?" teuflisch
Ganz anders in der Freizeit: da ich niemand gleichaltrigen kannte, bin ich alleine losgezogen. Todesmutig in eine Disco - da kann frau schonmal am Rand der Tanzfläche stehen und so tun, als würd sie nur mal schau'n, ohne dass gleich jeder sieht, dass frau keine Sau kennt. Hat funktioniert :-) irgend so a strammer Bursch hat mich zum Tanzen aufgfordert und mir dann noch was zum Trinken spendiert - und ich hab bei der Gelegenheit seine ganze Clique kennengelernt und dann später noch die Freunde und Freundinnen von dem Trupp. Die haben mich wirklich mehr als herzlich aufgenommen, kein Neid, kein Hass, keine Vorurteile. Das war vor 25 Jahren und mit einigen hab ich heut noch Kontakt, mit einem bin ich verheiratet.

Es gibt einfach überall solche und solche.

Zum Thema Heimat: die Clique, die mich damals soooo herzlich aufgenommen hat, kam aus einem Dorf etwas außerhalb, westlich. Als Kind war ich, auf dem Weg zum Ferienaufenthalt bei den Großeltern, da schon immer durchgefahren und hab auch als Kindergartenkind schon ein Gefühl von "angekommen sein" empfunden. Dieses Dorf und seine Bewohner hatten's mir wirklich angetan. Wärme, Herzlichkeit, Offenheit... angekommen sein, daheim sein.
Inzwischen weiß ich, dass ein Großteil meiner Ahnen schon seit Jahrhunderten aus dem Eck stammt und einer der Kerle, die ich damals durch puren Zufall kennenlernte, mein Großcousin ist. Vielleicht bin ich deswegen dort so daheim? verwurzelt?

Seit 18 Jahren lebe ich wieder in der Rhön, immer noch verheiratet mit dem von damals. Hier bin ich daheim. Hier geht mir das Herz auf, wenn ich, auf der A7 von Süden kommend, plötzlich die Rhön vor mir liegen habe. Hügel und Felder, Täler und Wälder. Nix, was grad is......

Aber ich hab' eine zweite Heimat: fahr'n wir gen Süden und irgendwann durch die ersten Hopfgengärten, dann ist's ein Gefühl (wie vor 40 Jahren schon): Glei samma dahoam!

Es schlagen eben 2 Seelen in meiner Brust. Kennt ihr das?

Liebe Grüße und für Claudius alles Gute (des werd scho),
Priska