Re: Pyrenäen von Ost nach West

von: Tom72

Re: Pyrenäen von Ost nach West - 08.02.18 21:47

18. Tag (02.08.2016), Saint-Jean-Pied-de-Port – Hendaye
Strecke: 93 km
Fahrzeit: 5 Std. 23 min
Höhenmeter: 1056


Am heutigen letzten Fahrtag gilt es das Ziel der Tour, Hendaye am Golf von Biskaya, zu erreichen. Wie schon gestern, werde ich auch heute aus Zeitgründen die eigentlichen Pyrenäen meiden und nur an ihren nördlichen Ausläufern kratzen. Gut 1000 Höhenmeter werden es heute aber trotzdem werden.

Zunächst sehe ich mich am Vormittag noch ein wenig in Saint-Jean um. Der Jakobsweg verlässt die Altstadt durch ein historisches Stadttor und über eine Brücke über die Nive.



Die Altstadt liegt am Hang zu Füßen einer Zitadelle. In den Gassen fallen natürlich die zahlreichen Jakobspilger mit der typischen Jakobsmuschel am Rucksack auf.



Ich folge zunächst landschaftlich unspektakulär der Hauptstraße (D 918) dem Tal der Nive abwärts bis Cambo-les-Bains, wo ich zum Mittagessen einkehre.



Nach Espelette verlasse ich die doch recht verkehrsreiche D 918 und überquere über die wenig befahrene D 20 den nur 176 m hohen Col de Pinodiéta. Anschließend erreiche ich über die D 305 und die D 4 den 169 m hohen Col de Saint-Ignace.





Am Pass beginnt die Strecke der historischen Zahnradbahn auf den ca. 900 m hohen Gipfel der Rhune.



Ich hätte die Fahrt mit der Zahnradbahn gerne gemacht, aber da es bereits später Nachmittag ist, habe ich dazu leider nicht mehr die Zeit. Ich habe die Zahnradbahnfahrt auf die Rhune mit fantastischer Aussicht dann aber als Auftakt zu meiner Radreise im folgenden Jahr (2017), die mich, gleichsam an die jetzige Tour anschließend, von Hendaye nach Porto in Portugal geführt hat, nachgeholt.

Leider fallen die Pyrenäen auf der atlantischen Seite wesentlich flacher zur Küste ab als am Mittelmeer, so dass es keine spektakulären, hochgelegenen und gleichzeitig küstennahen Panoramastrecken und Aussichtspunkte wie etwa die zu Beginn der Reise befahrene Straße zur Tour de Madeloc gibt (abgesehen natürlich vom Gipfel der Rhune, auf den man aber nur mit der Zahnradbahn kommt). Ein in meiner Karte verzeichneter Aussichtspunkt an einer Richtung Spanien führenden Straße (deren Nummer geht aus meiner Karte nicht hervor), der mich zu einem Abstecher von der direkten an die Küste führenden Route von einigen Kilometern und einigen hundert Extra-Höhenmetern verlockt, bietet wenigstens einen halbwegs vernünftigen Meerblick.



Schließlich rolle ich nach wie vor landschaftlich sehr schön und fast ohne Autoverkehr über die D 704 nach einem letzten kurzen Anstieg hinunter an die Küste nach Ciboure. Hier treffe ich auf die Route meiner Radreise Lyon-Kantabrien 2012 (im Bericht Tag 16 und 17) und somit auf bereits vertrautes Terrain. Ich überquere Richtung Osten die Mündung der Nivelle nach Saint-Jean-de-Luz.



Parallel die Bahnbrücke, über die ich morgen mit dem TGV auf der Rückfahrt kommen werde.



Saint-Jean-de-Luz hat mir damals sehr gut gefallen, aber da war es Anfang Oktober und Spätsaison und daher sehr angenehm und ohne Touristenmassen. Jetzt, Anfang August, zur Hauptsaison, ist der Ort nicht wiederzuerkennen und so unangenehm überfüllt, dass ich mich hier nicht länger als nötig aufhalten mag (ohnehin ist es bereits spät, und ich will ja noch bis Hendaye, und mir kommt nun auch die Sorge, dass die meisten Unterkünfte, sei es Camping, sei es Hotel, voll sein könnten – wobei Hendaye nicht zwingend wäre, ich hätte morgen auch hier in Saint-Jean in meinen TGV einsteigen können; die Unterkunftssuche wäre hier aber sicher auch nicht einfacher).



Ich fahre also wieder über die Nivelle-Brücke zurück nach Ciboure mit Blick zurück auf Saint-Jean.



Hier beginnt die entlang der Küste Richtung Westen nach Hendaye führende Corniche Basque, die landschaftlich traumhafte Straße entlang der Steilküste, die ich auf meiner Tour vier Jahre zuvor bereits gefahren bin und nun ein zweites Mal genießen darf.

Von diesem Wegweiser am Beginn der Corniche mit den für das Baskenland typischen zweisprachigen Angaben (französisch und baskisch) gibt es bereits in meinem damaligen Reisebericht (siehe Link etwas weiter oben) ein Bild; dort finden sich auch noch weitere und gelungenere Bilder der Corniche Basque als die beiden folgenden.







Hier noch zwei Handy-Fotos von der Corniche Basque, die im folgenden Jahr entstanden sind:





Als ich das an der Grenze zu Spanien gelegene und mir ja schon von der erwähnten Reise vier Jahre zuvor bekannte Hendaye erreiche, ist es schon fast acht Uhr, und meine Befürchtung, dass es zu dieser Jahreszeit mit der Unterkunftssuche schwierig werden könnte, scheint sich zu bestätigen, als sich herausstellt, dass die ersten zwei oder drei Campingplätze, an denen ich vorbeikomme, schon voll sind. Für einigermaßen preiswerte Hotels dürfte wohl das Gleiche gelten. Aber dann stoße ich auf einen Camping am Hang direkt oberhalb des wunderschönen langen Sandstrands von Hendaye, auf dem zwar sämtliche Plätze für Reisende mit Kraftfahrzeug belegt sind, dessen Bereich nur für Zelte aber noch fast leer ist. Hervorragend. Und da es zu dieser Jahreszeit, besonders so weit westlich in der Mitteleuropäischen Zeitzone, abends extrem lange hell bleibt und die Sonne noch recht hoch über dem Horizont steht, begebe ich mich, nachdem ich mein Zelt aufgebaut habe, noch an den Strand und kann vor Sonnenuntergang noch ein herrliches Bad in den Atlantikwellen genießen.

In der Dämmerung mache ich noch einen Abstecher auf die spanische Seite nach Hondarrabia. Das sind noch etliche Kilometer, aber die Strecke kenne ich auch bereits von vor vier Jahren. Ich überquere den Grenzfluss Bidassoa; parallel verläuft die Bahnbrücke der baskischen Schmalspurbahn (Euskotren) Richtung San Sebastián.



Die Uferpromenade von Hondarrabia, wo ich zu Abend esse



Blick von Hondarrabia über die Bidassoa-Mündung zurück nach Hendaye; der Berg im Hintergrund ist die Rhune, unterhalb derer ich vorhin vorbeigekommen bin.



Bereits bei Dunkelheit geht es dann zurück nach Hendaye zu meinem Campingplatz. Ob die 93 km, die ich meinen Aufzeichnungen für den heutigen Tag entnehme, den abendlichen, doch recht langen Abstecher nach Hondarrabia enthalten, kann ich leider nicht mehr nachvollziehen.

19. Tag (03.08.2016), Rückfahrt mit der Bahn nach Erfurt

Heute geht es zurück nach Hause. Schade, auf dem Campingplatz am herrlichen Strand von Hendaye wäre ich auch gerne noch länger geblieben. Ich habe eine Zugverbindung, mit der ich es heute noch ganz bis Erfurt schaffen werde, auch wenn ich erst gegen 23.00 Uhr ankommen werde: TGV Hendaye-Paris Montparnasse, von Paris Est mit ICE mit Umsteigen in Mannheim und Fulda nach Erfurt. Zum Glück fährt der TGV erst um kurz nach halb zehn, so dass ich nicht allzu früh aufstehen muss und genügend Zeit für Zeltabbau und Packen habe.

Da mein Zeltplatz ganz im Osten Hendayes liegt und der Bahnhof etliche Kilometer weiter westlich kurz vor der spanischen Grenze, kann ich heute Morgen noch die Fahrt entlang der Küste genießen; es ist dieselbe Strecke, die ich bereits gestern Abend Richtung Hondarrabia gefahren bin.

Ich starte am zur frühen Morgenstunde angenehm leeren Strand direkt unterhalb meines Campingplatzes; in ein paar Stunden werden hier die Sonnenhungrigen dicht an dicht liegen…



Da ich zeitig losgekommen bin, kann ich gemütlich und ohne Zeitdruck die Strandpromenade entlangrollen.







Blick hinüber ins spanische Hondarrabia, wo ich gestern Abend war.



Im Bahnhof von Hendaye bin ich schon einmal für die Rückfahrt eingestiegen, und ich werde hier bereits im folgenden Jahr (2017) wieder aussteigen, um durch Nordspanien nach Portugal zu radeln.



Der TGV steht schon bereit, und ich habe genügend Zeit, um in aller Ruhe direkt vor dem Wagen, in dem mein reservierter Platz ist, mein Rad zu verpacken.







Blick aus dem Zugfenster auf die Brücke über die Mündung der Nivelle zwischen Ciboure und Saint-Jean-de-Luz, über die ich gestern zweimal geradelt bin.



In Paris komme ich an der Gare Montparnasse an. Natürlich muss ich, was beim Umsteigen in Paris immer der Fall ist und was ich bereits mehrfach praktiziert habe, den Bahnhof wechseln. Ich mache also noch auf dem Bahnsteig mein Rad wieder fahrbereit und mache mich auf quer durch die Innenstadt zur Gare de l’Est, wo mein Anschlusszug in knapp anderthalb Stunden abfährt. Ohne Stadtplan merke ich schnell, dass ich meine Ortskenntnis überschätzt habe und bin froh, einen Wegweiser zur Gare d’Austerlitz zu entdecken, die eigentlich nicht auf meinem Weg liegt, so dass ich zwar deutlich weiter östlich der direkten Route an die Seine komme; aber ab hier kenne ich mich wieder besser aus, so dass ich nun relativ problemlos zur Gare de l’Est finde.



Ich bin knapp eine halbe Stunde vor Abfahrt da. Genug Zeit, mein Rad wieder zu verpacken. Leider kann ich das nicht, wie heute Morgen in Hendaye, direkt auf dem Bahnsteig bewerkstelligen, da in Frankreich üblicher- und unverständlicherweise das Abfahrtsgleis erst kurz vorher auf den Anzeigetafeln angegeben wird. Trotzdem ist mir noch vor der offiziellen Ankündigung klar, wo ich hin muss, als ich einen ICE zwischen lauter TGVs entdecke.



In Mannheim steige ich um; der weiterführende ICE hat fast eine Stunde Verspätung, so dass der Anschluss in Fulda mehr als unsicher ist und ich mich schon seelisch darauf vorbereite, heute von dort nicht mehr weiterzukommen; in Fulda stellt sich jedoch zum Glück heraus, dass der Anschluss-ICE auch verspätet ist und zudem noch extra wartet. Aufgrund der Verspätung ist es dann schon deutlich nach Mitternacht, als ich schließlich Erfurt erreiche.





Zum Glück habe ich nach Hause nur noch eine Viertelstunde zu radeln und noch ein paar Urlaubstage, so dass ich morgen (bzw. heute) erstmal ausschlafen kann.