Re: Atem- (be-) raubend: Bolivien

von: uwee

Re: Atem- (be-) raubend: Bolivien - 23.05.17 21:05


Lieber Wilfred,
ich glaube, die Höhe hat uns nicht mehr so viel ausgemacht.
Zumindest fällt es einem selber nicht mehr auf, wenn Du schon seit vielen Wochen in Höhen von 4.000m unterwegs bist.
Überhaupt kann man die Radler, die solche Höhen das erste Mal angehen, beruhigen.
Kein Radler klagte bisher groß über die Höhenakklimatisierung. Wir Radler fahren einfach langsam genug hoch.
OK, früher hatte ich mitunter bei den ersten Nächten über 4.000m Kopfschmerzen oder wachte nachts auf und japste nach Luft.
Im Alter wird das bei den meisten weniger- endlich mal ein Vorteil!!!
Der Gegenwind, der eigentlich immer Sturm ist, war wirklich ein Problem.
Er zermürbt. Eine Steigung die nie aufhört.
Und stets die Angst es bis zum Sonnenuntergang nicht zum nächsten Windschutz zu schaffen.
Es gibt davon einfach nur so wenige in dieser wüstenartigen Landschaft.
Und ohne machst Du nachts kein Auge zu.
Und stets die Frage ob man es schafft das Zelt aufzustellen und ob es solch eine Nacht wohl überlebt???
Die Kälte war bei uns nicht so schlimm wie erwartet. Einmal nachts -15°C. Meist nur -5 - -10°C.
Das hielt man mit einem dicken und einem dünneren Schlafsack voll angezogen gut aus.
Tags war es meist warm. Die Sonne steht schließlich im Zenit.
Kalt war es beim Kochen nach Sonnenuntergang und vor dem Sonnenaufgang.
Gerne wären wir ja gestartet bevor der Wind auffrischte. Aber da war uns die Temperatur dann doch zu frisch. Das Trinkwasser zu Eis gefroren. Selbst die Akkus der Kamera brauchten Stunden bis sie sich wieder zur Arbeit bequemten.
Die UV- Strahlung ist wirklich extrem. Trotz bester Gletscherbrillen und Sonnenschutz platzten die Lippen, die Nasen verschorften und die Augen waren rot und brannten.
Auf der Strecke lernten wir sogar die üblen Wellblechpisten lieben. Darunter ist zumindest irgendetwas Hartes. Und auch das Schieben geht dort leichter.
Der tiefe Sand zermürbt. Bei der "Abfahrt" zur Laguna Colorada z.B. wollte ich Isabel aufmuntern: "Nur noch 1 1/2 Kilometer." Die Reaktion: Tränen.
Die Anstiege wären eigentlich läppisch. Wenn nur nicht Gegensturm, Wellblech und tiefer Sand wären.
Übrigens klagen wir nicht wirklich.
Auf der gesamten Strecke von Lima bis nach Ushuaia hatten wir meist Rückenwind. Ich wollte diese Strecke niiiieeee in umgekehrter Richtung fahren.
Nur zwischen La Paz und Chile hatten wir fast ununterbrochen Gegensturm.
Trotzdem die vielleicht schönste Strecke, die wir je gefahren sind...
Am liebsten morgen wieder...
Vielleicht sollten wir aber vorher wieder etwas trainieren.
Oder wie Waltraud (Wal), die hier im Radforum über diese Strecken wunderbare Berichte geschrieben hat, uns Fatbikes zulegen.
Liebe Grüße
Uwe