Das Kinderanhänger-Schleppreiserad im artgerechten Einsatz zwinker

Unsere ersten beiden Fahrradreisen mit dem Kinderanhänger im Schlepp* fanden mehr oder weniger in flacher Landschaft statt. Das war auch so gewollt, denn die knickgelenkten FLEVOBIKEs sehnen sich nicht gerade nach Steigungen. Erst recht nicht mit angekuppeltem Anhänger. So kam bei mir der Wunsch nach einem neuen Reiserad auf:

Einem speziellen Kinderanhänger-Schleppreiserad!

Konkret wollte ich ein Reiserad besitzen, welches auch mit vier vollen Ortliebtaschen beladen und mit dem 35kg schweren Kinderanhänger im Schlepp es mir ermöglicht, auch mal längere Steigungen knieschonend bewältigen zu können. Und dies, ohne das Gespann schieben zu müssen.

Für die Ebene, wenn das Gespann erst einmal rollt, wünschte ich mir fein abgestufte Gänge.

Mit einer Standard 3x9 Kettenschaltung oder 3x9 SRAM DualDrive Schaltung schien dies nicht machbar und so kam ich auf die Idee, eine 2x9 Kettenschaltung mit den drei Nabengängen einer SRAM DualDrive-Nabe zu kombinieren.

Als Basisfahrrad entschied ich mich für die Optima Dolphin in der 3x9 SRAM DualDrive Version. Nach einer längeren Beratungssession mit Mark Burgers bei ACE** in Winterswijk/NL bestellte ich diese Dolphin-Version abweichend von der Serie mit einem Tretlagerausleger *mit* Umwerferrohr.


Feierliche Übergabe meiner Dolphin mit symbolischer Fahrradtaufe schmunzel

Zum ersten Foto ganz oben:
Vorübergehend hatte ich die neue Dolphin nach Hamburg umstationiert, um sie einerseits auf dem Arbeitsweg etc. einzufahren und andererseits um Details nachzurüsten...


Das Tretlager wurde in der ACE-Werkstatt mit einer 2-fach-Kurbelgarnitur und 52Z/39Z-Kettenbättern bestückt. Kurbelgarnitur und Umwerfer stammen aus der Shimano Tiagra-Gruppe, ...


...als Schaltwerk wählte ich das SRAM X-9 Medium Cage.


Bei der SRAM-Kassette mit der Abstufung 12-13-14-15-17-19-21-23-26 demontierte ich das 26Z-Ritzel und ersetzte dieses durch ein Shimano 30Z-Ritzel. Hyperglide hin oder her, die Funktion ist einwandfrei und die geringste Entfaltung sank von vorher 1,67m auf nunmehr akzeptable 1,45m.


Als Bremsen wählte ich vorn eine Magura Julie mit 180mm Scheibe, hinten eine Magura HS33.


Der Hauptgepäckträger ist aus 14mm Stahlrohr gefertigt. Da mir der originale Lowrider von Optima nicht zusagte, kaufte ich mir den Lowrider des niederländischen Liegeradherstellers Nazca. Die jeweils drei Befestigungslaschen sägte ich ab und ließ sie passend zu den am Hauptgepäckträger angebrachten Anschlusslaschen bzw. zur Querabstützung neu anschweißen.


Die Lowriderbügel wurden nicht mit der mitgelieferten Gewindestange, sondern mit einer eigens von mir aus 14mm Aluminiumrohr und Vollmaterial angefertigten Aluminiumstrebe gegenseitig abgestützt. Im Verbund sind die Lowrider jetzt mehr als ausreichend steif gegen Querkräfte. Die Lowrider und die Querstrebe mußten so positioniert werden, daß das Einklappen der Parkstütze nicht beeinträchtigt wird.


Am Gepäckträger ist das AXA Omega II PRO Batterierücklicht befestigt. Um dieses vor seitlichen Stößen (Bahnverladung!) zu schützen wurden rechts und links jeweils ein Alu-Schutzwinkel angebracht. Gut zu sehen sind auf diesem Foto auch die mit Alu-Beilagen exakt ausgerichteten Lowriderbügel.


Das vom SON-Nabendynamo gespeiste B&M Rücklicht ist mittels eines Aluminium-U-Profil an der Lehnenrückseite befestigt.




Bis auf mein FLEVOBIKE habe ich meine insgesamt fünf Liegeräder alle mit je einem D+D-Rückspiegel*** ausgerüstet. Dieser Rückspiegel hat nicht nur sehr gute spiegeloptische Eigenschaften sondern ist auch noch mit nur 47g leicht, vibrationsfrei, dauerhaltbar und nicht zuletzt, bei Liegerädern nicht unwichtig, aerodynamisch ausgeformt.


Um bei den bei unseren Fahrradreisen fast schon traditionellen langen Regenpassagen die Scheinwerfer einigermaßen sauber zu halten, fertigte ich aus einem Hinterradschutzblech ein weit nach vorn gezogenes Vorderradschutzblech an.

Wie in meinem nächsten Reisebericht zu lesen sein wird, hat sich mein Konzept eines Kinderanhänger-Schleppreiserad bewährt. Der Reifenplatzer bei der langen Steilabfahrt vom Achensee den Kasbach entlang nach Jenbach ist meiner mit 25-28km/h zu hohen Geschwindigkeit und damit mir selbst geschuldet.


Auch auf vielen weiteren Touren mit Kinderanhänger machte mir dieses Fahrrad viel Freude...


...sogar am Rennen in Rütenbrock nahm ich mit meiner Dolphin einmal teil grins

Was würde ich 2016 anders machen, wenn ich nach dem jetzigen Stand der Technik ein Kinderanhänger-Schleppreiserad konzipieren/aufbauen sollte?:

1.Bremsen: Ich würde zwei Scheibenbremsen einer höheren Belastungstufe wählen und statt der HS33 eine zusätzliche V-Brake als Parkbremse (auch in der Bahn nützlich) bzw. als Backup-Bremse einbauen.
Ich würde auch darüber nachdenken, falls ich oft in den Bergen unterwegs sein will, einen Kinderanhänger mit Auflaufbremse zu wählen.

2.Schaltung/Antrieb: Ich würde eine Standard 3x10 Kettenschaltung wählen und anstatt der DualDrive-Nabe einen leichten eAssistenzantrieb (Getriebenabenmotor) als Anfahr- und Kletterhilfe einspeichen. Das Mehrgewicht, je nach Typ 3-5kg inklusive Akku, würde teilweise durch den Wegfall der nicht leichten DualDrive-Nabe kompensiert.

*Mit Kinderanhänger von Trier nach Köln
*Mit Kinderanhänger von Hamburg nach Hannover

**ACE Ligfietsen

***D + D Oberlauda,
Franz Drechsler,
Eisbergstraße 30
97922 Lauda-Königshofen